Kinderarbeit: Bremer sollen fair sterben

Etwa jeder zweite Grabstein stammt aus indischen Steinbrüchen. Dort verrichten oftmals Kinder die gefährliche Schwerstarbeit. Als zweites Bundesland will nun auch Bremen dies per Gesetz unterbinden helfen.

Sollen künftig keine Grabsteine für Bremer Friedhöfe mehr schlagen: Kinder-Arbeiterinnen in einem Steinbruch im indischen Bundesstaat Rajasthan. Bild: Nagender Singh Chhikara / Terre des Hommes

Auf Friedhöfen in Bremen und Bremerhaven sollen künftig nur noch Grabsteine und Grabeinfassungen aufgestellt werden dürfen, die nachweislich nicht aus ausbeuterischer Kinderarbeit stammen. Das sieht ein Gesetzentwurf von SPD und Grünen vor, den die Bürgerschaft noch dieses Jahr beschließen könnte. Friedhofsträger hätten dann die Möglichkeit, eine entsprechende Vorschrift in ihre Friedhofssatzungen aufzunehmen. "Ich erwarte, dass das bei den städtischen Friedhöfen dann auch sofort gemacht wird", sagte der SPD-Abgeordnete Wolfgang Jägers der taz.

Bundesweit hatten bereits mehrere Städte versucht, Grabsteine aus Kinderarbeit zu verbieten. Nicht immer erfolgreich: München etwa scheiterte vor Gericht an der Klage eines Steinmetzes. Die Stadt sei nicht autorisiert, derlei Vorschriften in ihre Friedhofssatzungen aufzunehmen, urteilten die Richter, es fehle die gesetzliche Grundlage. Bremen ist nach dem Saarland das zweite Bundesland, das diese nun schafft.

Neben den städtischen gibt es in Bremen vor allem evangelische Friedhöfe, deren Träger einzelne Kirchengemeinden sind. Über ein Kinderarbeitsverbot in ihren Satzungen müssten diese selbst entscheiden, sagt die Sprecherin der Bremischen Evangelischen Kirche, Sabine Hatscher. Dies sei aber wahrscheinlich, da das Thema "fairer Handel" vielen in der Kirche ein großes Anliegen sei. Besucherinnen des Kirchentags konnten sich im vergangenen Jahr in Bremen in einem aufgebauten Mini-Steinbruch schon ganz praktisch ein Bild von der Plackerei machen.

"Sie bearbeiten mit primitivsten Werkzeugen Steine, schleppen Felsbrocken oder Gesteinsreste. Die Jüngsten sind noch nicht einmal zwölf Jahre alt." So beschreibt ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Terre des Hommes die Zustände in indischen Steinbrüchen. Indien ist der zweitgrößte Natursteinexporteur der Welt. Die Entwicklungshilfeorganisation "Brot für die Welt" schätzt, dass bis zu 80 Prozent der neu aufgestellten Grabsteine hierzulande inzwischen aus Indien stammen. Die Lebenserwartung der Kinder, die von früh bis spät in Hitze und Staub der Steinbrüche malochen, liegt bei unter 40 Jahren. "Unter so einem Stein möchte ich nicht begraben liegen", sagt Jägers.

Die Bremer Steinmetz-Innung zeigte sich gestern überrascht von den Plänen. Kein Abgeordneter hat bisher das Gespräch mit ihr gesucht. Jägers zeigte sich dennoch überzeugt, dass ein Verbot auf Zustimmung der Steinmetze stoßen werde. Auch in München steht die Innung hinter den "Fair-Trade"-Zielen. Nur war der Steinmetz, der das Verbot zu Fall brachte, kein Innungsmitglied.

Ob das Verbot in Bremen tatsächlich greift, wird allerdings davon abhängen, ob die Friedhofsträger konkrete Bedingungen in ihre Satzungen schreiben, die auch nachprüfbar sind. "Das geht nur mit einem Siegel", sagt Christopher Duis vom Bremer Entwicklungspolitischen Netzwerk. Selbstauskünfte von Stein-Importeuren genügten nicht. Zwar gibt es mit Xertifix inzwischen einen anerkanntes Zertifikat. Juristisch ist allerdings unklar, ob ein Verweis auf konkrete Siegel in der Satzung überhaupt zulässig ist. Außerdem hat Xertifix bisher nur einen einzigen Grabstein-Lieferanten anerkannt, und dessen Siegel steht schon wieder auf der Kippe - wegen "Schwierigkeiten mit einer Lieferung aus Indien", wie es bei Xertifix heißt.

Die Nachfrage der KundInnen nach fair gehandelten Grabsteinen hält sich bisher ebenfalls in Grenzen. "Die Leute fragen nur nach dem Preis", sagt Henry Schneider, Mitarbeiter beim Bremer Steinmetzbetrieb und Grabsteinhandel Ge-Be-In. "Das Bewusstsein muss erst noch geschaffen werden", sagt Wolfgang Jägers.

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