Nachrichtenagentur dapd: Wachsen, wachsen, wachsen!

Investoren mischen das Nachrichtengeschäft auf und verklagen den Marktführer. Aber die neue dapd muss sich noch von einem peinlichen Fehler erholen.

Seine Leute stöhnen ob des Exklusivität- und Produktionsdrucks: dapd-Chefredakteur Dreyer. Bild: ap

Um 9 Uhr am Freitag startet im Frankfurter Landgericht die nächste Runde im Kampf der Nachrichtenagenturen: Die jetzige dapd, ein Dienst ohne einen echten Namen, hat den Marktführer, die Deutsche Presse-Agentur (dpa), verklagt. Auf Unterlassung und Schadenersatz in noch festzusetzender Höhe. Auch damit soll die Parole der dapd-Eigner Martin Vorderwülbecke und Peter Löw umgesetzt werden, die dpa "verzichtbar" zu machen, die aus ihrer Sicht "sittenwidrige" Verträge mit ihren Kunden schließt und sie teils über fünf Jahre an ihre Produkte bindet.

Lange war es ruhig um die Dienstleister, die Redaktionen mit Texten, Fotos und Grafiken versorgen. Die dpa dominierte ohne echte Konkurrenz den Markt. Zusätzliche Ableger etwa der US-Agentur Associated Press und der Agence France-Presse boten sich zur Ergänzung an, so auch der Deutsche Depeschendienst, zwei konfessionelle Angebote sowie etliche Fachdienste für Sport und Wirtschaft.

Eine Konstellation, die sich im Dezember geändert hat. Damals kauften die Eigentümer des Depeschendienstes auch den Ableger der besagten US-Agentur und kündigten einen Großangriff auf die dpa an. Die versorgt bis heute fast alle namhaften Redaktionen als Volldienstleister mit Berichten aus aller Welt und allen Ressorts. Seit diesem September operieren ihre beiden fusionierten Konkurrenten unter dem Kürzel dapd.

Vorderwülbecke und Löw, die sonst etwa mit der Sanierung angeschlagener Werkstatt-Ketten Geld verdienen, pumpen derzeit große Teile ihres Vermögens in die dapd. Gewinne erwarten sie von ihrer Agentur erst in fünf bis sechs Jahren.

Das ist Kern des Problems für die anderen Dienste: Wollen sie auf- und ausbauen, müssen sie sich das Geld selbst erarbeiten. Die dapd bis auf weiteres nicht. Ein Wettbewerbsvorteil, der dpa & Co unter Druck setzt.

Seit Löw und Vorderwülbecke bei dapd das Sagen haben, expandiert der Laden schier unaufhörlich. Erst vor einer Woche kündigte die Agentur an, Kunden 40 Videoberichte pro Tag zu schenken, teils selbst produziert, teils von Dritten wie CNN eingekauft. Marktanteile generieren will die Agentur, die pauschal 25 Prozent billiger sein will als dpa, bald auch mit einem eigenen Sportangebot - das fehlte ihr bisher. Und gegen die Konkurrenz geht dapd oft juristisch vor: gegen AFP mit einer Beschwerde bei der EU-Wettbewerbskommission, gegen dpa nun per Klage.

Mit dieser Strategie haben sich die dapd-Lenker dagegen entschieden, organisch zu wachsen. Vielmehr will man rasch viele Geschäftsfelder besetzen. Ein Kurs, der bisweilen an seine Grenzen stößt: Vor wenigen Tagen meldete dapd exklusiv, das Schrauben-Imperium Würth ziehe in die Schweiz um. Eine Irrtum, der am höchsten Gut einer Nachrichtenagentur nagt: der Glaubwürdigkeit.

Cord Dreyer, Chefredakteur und Geschäftsführer der dapd, räumte ein: "Nachdem wir Kenntnis davon bekommen hatten, dass es Probleme mit der Information der gesendeten Stücke gab, wurde - auch am Newsdesk - nicht entschlossen und schnell genug reagiert." Seine Leute stöhnen ob des Exklusivität- und Produktionsdrucks, der unter Dreyer herrsche. Die Frage ist nun: Wächst die dapd am Ende auf Kosten des Kerngeschäfts?

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