Kommentar Frankreich: Sarkozys Flashball-Politik

Die französische Regierung reagiert "autistisch" auf den Protest gegen die Rentenreform - und löst so eine neue Jugendbewegung aus.

Man kennt aus den Zeiten des Kalten Kriegs den Begriff der "Pingpong-Diplomatie". Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat nun die "Flashball"-Politik erfunden. "Flashballs" heißen die Hartgummigeschosse, welche die französische Polizei bei ihren Einsätzen verwendet. Die MittelschülerInnen, die sich dem Widerstand gegen die Rentenreform angeschlossen haben, bekommen sie zu spüren: Jüngst verlor ein 16-Jähriger, der von einem solchen Geschoss getroffen worden war, ein Auge.

Der Innenminister bat seine Beamten inzwischen, diese Waffe etwas vorsichtiger einzusetzen und nicht auf Kopfhöhe zu zielen. Das steht zwar so in den Vorschriften, wird aber in der Hitze der Auseinandersetzung auf Straße immer wieder vergessen. Trotz der Mahnung zur Zurückhaltung wird darum jeden Tag erneut Hartgummi auf Demonstranten abgefeuert. Die Tatsache, dass unter den Demonstranten Gruppen von Jungen auftauchen, die mutwillig Randale und Krawall suchen, rechtfertigt dieses Vorgehen aus der Sicht der Behörden allemal.

Die provokative Reaktion auf den Protest gegen die Rentenreform hat eine neue Jugendbewegung ausgelöst. Denn aus der Sicht der Jungen, also der ArbeitnehmerInnen von morgen, wird diese ungerechte Gesetzesvorlage nur ihre Berufs- und Zukunftsperspektiven weiter verschlechtern, da die Älteren noch länger auf ihren Arbeitsplätzen bleiben sollen. Die Wut der Jungen aber wird der polizeilichen Ordnungspolitik überlassen; auf ihre Forderung nach Verhandlungen über eine andere Reform der Altersrenten erhalten die Demonstranten von ihrer Regierung als Antwort Tränengas und Hartgummi. So wird der "Flashball" zum Symbol einer "autistischen" Regierung, welche sich jeder Diskussion verweigert.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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