Weltkulturerbe "Weiße Stadt" wird saniert: Denkmal soll wieder strahlen

Die Weiße Stadt, Wohnsiedlung der 20er-Jahre und seit 2008 auf der Unesco-Liste, ist marode. Sie wird nun aufwendig saniert. Wie stark die Mieten steigen, ist offen.

Soll wieder leuchten: Weiße Stadt in Reinickendorf Bild: Marbot:Marbot, Lizenz by-sa/3.0

Weiß sind die Fassaden schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Und als gut erhalten würde das Bauensemble derzeit auch niemand bezeichnen. Die "Weiße Stadt" in Reinickendorf, einst markante Wohnsiedlung der 20er Jahre im Stil der Neuen Sachlichkeit, ist heute grau und bröckelt.

Damit das seit 2008 mit fünf anderen typischen 20er-Jahre-Siedlungen zum Unesco-Weltkulturerbe erklärte Quartier kein beklagenswertes Bau- und Kulturdenkmal Berlins bleibt, startet der Eigentümer, die Deutsche Wohnen AG, jetzt mit einer aufwendigen Sanierung. Mit Fördermitteln des Bundes und des Landes Berlin in Höhe von insgesamt 2,25 Millionen Euro zum Erhalt der Welterbestätten soll zunächst das sogenannte fünfstöckige "Brückenhaus" über der Aroser Allee renoviert werden. Der seit Monaten schon eingerüstete Riegel ist schwer beschädigt, die Bausubstanz marode, einige Balkone sind gesperrt.

Zudem will die Deutsche Wohnen bis Ende 2014 weitere "10 Millionen Euro in die gut 1.000 Wohnungen der Weißen Stadt investieren", erklärte Michael Zahn, Vorstandschef der Frankfurter Immobiliengesellschaft. Geplant sind die baulichen Erneuerungen und energetischen Verbesserungen aller Zeilenbauten.

Die Welterbekommission der Unesco entschied 2008, sechs denkmalgeschützte Wohnsiedlungen der Berliner Moderne in die Liste des Welterbes aufzunehmen. Zu den Wohnsiedlungen zählen die Gartenstadt Falkenberg, die Siedlung Schillerpark, die Hufeisensiedlung, die Wohnstadt Carl Legien, die Weiße Stadt und die Großsiedlung Siemensstadt. Sie wurden zwischen 1913 und 1934 von renommierten Architekten wie Bruno Taut und Martin Wagner geplant. (rola)

"Die Weiße Stadt war in der Vergangenheit in vielen Bereichen vernachlässigt worden. Umso mehr muss jetzt an dem Bauensemble gemacht werden", umreißt Manuela Damianakis, Sprecherin des Unternehmens, die Aufgaben in den kommenden vier Jahren. Nach dem Brückenbauwerk würden die Dächer gedämmt, Fassaden, Keller und Treppenhäuser in Angriff genommen und natürlich die Fenster in den anderen Häusern ausgetauscht, so Damianakis.

Die Weiße Stadt gehört zu den berühmtesten Beispielen der klassischen Moderne im Städtebau in Berlin. Die "Großsiedlung Schillerpromenade", wie das von 1929 bis 1931 realisierte Projekt damals genannt wurde, entstand unter Leitung des Stadtbaurats Martin Wagner. Die beteiligten Architekten Otto Rudolf Salvisberg, Wilhelm Büning und Bruno Ahrends entwarfen eine L-förmig angelegte Großsiedlung als Modell des modernen, lichtdurchfluteten Wohnens mit Loggia, Balkon, Bad und Zentralheizung. Die Gestaltung der parkartigen Außenanlagen zwischen den Blöcken übernahm Ludwig Lesser. Die Stadt im Grünen umfasste zudem Gemeinschaftseinrichtungen, 24 Läden, eine Kita, ein Ärztehaus und eine Apotheke. Herausragende Gebäude der - bis auf bunte Fensterprofile - in Weiß gehaltenen Anlage sind die Torbauten, das schwebende Brückenhaus und die langen, schnittigen Zeilenbauten entlang der Aroser Allee.

Damit das Weltkulturerbe seinen Charakter wiedergewinnt, hat das Landesdenkmalamt einen "Denkmalplan" erstellt. Daran müssen die Bauarbeiten und Farbanstriche sich orientieren. Ebenfalls vorgeschrieben haben die Denkmalschützer die Materialien. Fenster aus Kunststoff seien beispielsweise nicht erlaubt, so die Behörde.

Für Reinickendorf bedeute die denkmalgerechte Sanierung einen Mehrwert an Wohnqualität, betont die Deutsche Wohnen. Welchen Mehrpreis die rund 2.200 Mieter nach der Sanierung 2014 für ihre Wohnungen bezahlen müssen, sei aber noch unklar. Auch zu Konflikten mit den Bewohnern, wie bei der Sanierung der Hufeisensiedlung in Britz, die die Deutsche Wohnen ebenfalls renoviert, sei es bisher nicht gekommen. In Britz wehrt sich eine Bewohnerinitiative sowohl gegen den Verkauf der Häuser durch die Wohnungsbaugesellschaft als auch gegen die denkmalgerechte Erneuerung der Bauten und Gartenanlagen. Wer sich einen Wintergarten auf den denkmalgeschützten Balkon gebaut hat, will den behalten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.