Frauenquote in der CSU: Seehofer entgeht Blamage

Mit knapper Mehrheit verpasst sich die CSU auf ihrem Parteitag in München ein Frauenquötchen von 40 Prozent. Die schärfsten GegnerInnen kamen aus der Jungen Union.

Eine emotional geführte Debatte war dem Beschluss zur Frauenquote vorausgegangen, Horst Seehofer am Ende erleichtert. Bild: reuters

MÜNCHEN taz | Horst Seehofer kriegt ein Sektglas in die Hand gedrückt und stößt mit den jubelnden Damen der Frauen-Union an. "Es freut mich für euch", sagt der CSU-Chef. Und meint damit eigentlich sich selbst, ist er doch gerade denkbar knapp einer schweren Blamage entgangen. "Ein solche Schlacht habe ich noch nie erlebt", sagt er. Erschöpft und erleichtert sieht er aus am späten Freitagabend.

Nur 56 Prozent der Delegierten stimmten beim CSU-Parteitag in München zuvor seinem Leitantrag zur Einführung einer Frauenquote zu. Wäre sie durchgefallen, es wäre für Seehofer verheerend gewesen. "Wie ein Löwe" wollte er für die Quote kämpfen. Die Abstimmung war auch ein Votum über ihn. Von einer "Stellvertreterdebatte" war später beim Bier die Rede. Und davon, dass einige nur für die Quote stimmten, weil sonst ein Beben die Partei erfasst hätte.

Vorausgegangen war eine für die CSU wohl einmalige emotionale geführte Debatte. Vier Stunden diskutierten die 850 Delegierten. Fast 50 Wortmeldungen gab es zum Thema und dutzende Änderungsanträge. "So was kennt man sonst nur von den Grünen", raunte ein junger CSUler verwundert.

Die so mühsam durchgesetzte Quote hat ihren Namen nicht verdient. Im Leitantrag blieb auf Drängen der Basis nur noch ein Quötchen von 40 Prozent für Landes- und Bezirksvorstand übrig. Etwas über 40 Posten berührt das, wie Seehofer selbst anmerkte und fast flehend hinzufügte: "Das wird uns doch noch gelingen."

Es gelang, obwohl der Gegenwind stark war wie selten. Die schärfsten GegnerInnen kamen aus der Jungen Union (JU). "Wir wollen durch unser Können und unseren Charme vorankommen, nicht durch eine Quote", sagte die 26-jährige Margit Munk aus Günzburg. "Ich habe die Schnauze voll von faulen Kompromissen", bekräftigte die Vizechefin der JU, Kathrin Poleschner. Gemessen am Applaus war Seehofers Quote zu dem Zeitpunkt durchgefallen.

Die Parteiprominenz sprang Seehofer zu Hilfe. Ilse Aigner, Peter Ramsauer und Günther Beckstein baten teils flehend um Zustimmung. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mit ihrer Ankunft mitten in die Debatte platze, empfahl den Delegierten die Quote. Nur durch diesen personellen Gewaltakt wurde die Niederlage Seehofers abgewehrt. Und, so glaubten viele, auch wegen ihm: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, genannt KT oder einfach "der Baron", sprach sich - wenn auch zurückhaltend - für die Quote aus.

Viel wurde im Vorfeld spekuliert und geschrieben. Er müsse nur die Hand heben, dann hätte er, der Liebling der Parteibasis, den Job von Seehofer, dem derzeit so unbeliebten Chef. Öffentlich wehrten beide die "depperte Personaldebatte" (KT) als "oberflächlichen Quatsch" (Seehofer) ab. Dass die Herzen aber dem Baron zufliegen und nicht dem Parteichef, war nicht zu übersehen.

Während Seehofer auf seinem Platz sitzen blieb, flanierte zu Guttenberg immer wieder durch die Reihen, schüttelte Hände, ließ sich fotografieren. Staatsmännisch und volksnah wirkte das. Sein Konzept zur Bundeswehrreform bekam kaum eine Gegenstimme. Die Basis winkt durch, was er vorschlägt.

Mit seiner Grundsatzrede wollte auch Seehofer die Basis für sich gewinnen. Es war einmal seine Stärke: Je größer der Druck, desto stärker war er, angriffslustig und voller Elan. Am Samstag ist davon kaum etwas zu spüren. Erst nach einer halben Stunde peinlich-länglichen Selbstlobes kommt er langsam in Fahrt. Fast 20 Minuten widmet sich Seehofer den Grünen, den "Versagern der deutschen Politik", und fordert: "Holt sie runter von ihrer hohen Palme der Moral." Das kommt an.

Seehofer wiederholt oft Gesagtes und wehrt sich gegen den Vorwurf, ein Rechtspopulist zu sein. "Es ist die Aufgabe einer Mitte-rechts-Partei, alles zu tun, damit rechts von ihr keine demokratisch legitimierte Partei entstehen kann." Die Delegierten applaudieren minutenlang, aber mehr pflichtbewusst. Sie wissen: Noch ist die Zeit für Veränderung nicht reif. 2011 steht die Personaldiskussion offiziell auf dem Programm.

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