Rechtsstreit: Atomhäfen sind Ländersache

Bundesverkehrsministerium betont: Länder können über Verbote frei entscheiden. Landesregierung in Kiel verhindert seit Jahrzehnten ein Atom-Verbot im Lübecker Hafen.

Bereits 2001 kam mit der Autofähre "Arneb" Plutonium in Bremerhaven an, Bild: dpa

Die Bundesländer können frei entscheiden, ob sie Atomtransporte über ihre Häfen zulassen oder nicht. Das teilte das Bundesverkehrswegeministerium auf Nachfrage der taz mit. Die Zuständigkeit für Häfen liege laut Grundgesetz bei den Bundesländern. Der Bund habe hier "keine Verwaltungskompetenz", so das Ministerium: "Entsprechend liegt die Entscheidung über den Umschlag oder Nicht-Umschlag von Gütern nicht beim Bund."

Der Leiter der Lübeck Port Authority, Hans-Wolfgang Wiese, bestätigte unterdessen der taz, dass auch der Lübecker Hafen - anders als oftmals behauptet - Atomtransporten aller Art grundsätzlich offen stehe. Zwar habe die Lübecker Bürgerschaft am 27.9.1990 auf Antrag des Senats beschlossen, den Hafen für radioaktive Stoffe - mit wenigen Ausnahme - zu sperren. Die dafür rechtlich nötige Teilentwidmung wurde allerdings nie umgesetzt. Grund war offenbar die Landesregierung in Kiel, die eine solche hätte genehmigen müssen. Wiese: "Das ist nie geschehen." Bis heute findet sich deswegen in der Lübecker Hafenordnung kein Verbotspassus.

Allerdings, so Wiese, habe die Stadt damals einen Brief an Reedereien und Spediteure geschrieben und darum gebeten, das politisch gewollte Verbot freiwillig zu akzeptieren. Daran hätten sich diese bis jetzt auch gehalten.

Im Zweifelsfall könne Lübeck einem Atomtransport über den Hafen genauso wenig entgegensetzen wie einem Transport über Straßen und Schienen im Stadtgebiet, sagte Wiese. Wie in Bremen, Bremerhaven und Hamburg handele es sich nämlich um einen öffentlich gewidmeten Hafen, der den Umschlag bestimmter Güter nur in engen Grenzen verweigern könne - laut Paragraf 20 der Niedersächsischen Hafenordnung etwa "soweit dies zur Gefahrenabwehr erforderlich ist".

Nach Wieses Überzeugung gilt die Pflicht zum Umschlag selbst unerwünschter Güter sogar nicht nur für die Häfen selbst, sondern auch für die Hafenbetriebe, die den Hafenumschlag organisieren. "Wenn das Bundesamt für Strahlenschutz das genehmigt hat, dann hat man rechtlich keine Handhabe mehr", vermutet er.

Die JuristInnen im Hause des Bremer Häfensenators gehen bisher ebenfalls davon aus, dass eine Teilentwidmung des Hafens nicht ohne weiteres möglich ist. Atomrecht sei Bundesrecht, argumentieren sie - die Länder hätten dabei nichts zu melden.

PolitikerInnen wie Hafenwirtschaft in Bremen und Hamburg betonen in diesem Zusammenhang immer wieder den angeblichen Status eines "Universalhafens", der zum Umschlag aller Güter verpflichte. Das Bundesverkehrsministerium stellte dazu auf Nachfrage der taz jetzt klar, dass es sich bei dem Begriff "Universalhafen" lediglich um eine "Typbezeichnung ohne rechtliche Grundlage" handele.

Die Bremische Bürgerschaft hatte vergangene Woche unter anderem gefordert, die Stadt solle über ihre Beteiligungen auf die Umschlagsbetriebe einwirken, um Atomtransporte über die Häfen zu verhindern. Die Linksfraktion wies am Freitag darauf hin, dass dieser Antrag der Formulierung nach nicht nur Castor-Transporte mit Uran und Plutonium, sondern auch Container mit Materialien wie dem radioaktiven und hochgiftigen Uranhexaflourid betreffe.

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