Erster Tatort mit Tukur: Ein Tumor namens Lilly und die RAF

Der neue Ermittler Felix Murot hält Zwiesprache mit seinem Tumor. Und kommt Verwicklungen von LKA und RAF auf die Spur. "Tatort: Wie einst Lilly" (Sonntag 20.15 Uhr, ARD).

Allein mit sich und "Lilly": Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur). Bild: hr/johannes krieg

HAMBURG taz | Die RAF hat sich längst aufgelöst, aber im Keller des Ex-BKAlers ist der Deutsche Herbst noch lange nicht vorbei. Rentner Paul Krafft (Vadim Glowna), einst Vize bei Deutschlands zentralen Verbrechensbekämpfern in Wiesbaden, hortet unterm Eigenheim Akten, die angeblich so brisant sind, dass sie noch immer nicht im Zentralrechner eingespeist sind.

LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur) stößt im Laufe seines aktuellen Falles auf Manipulationen des Ex-Kollegen, die schlimmsten Befürchtungen bestätigen: Das BKA hat Anschläge der RAF bewusst nicht vereitelt, damit man seinerzeit noch repressiver bei der Terrorismusbekämpfung vorgehen konnte. Das ist starker Tobak für den ersten Fall des neuen hessischen "Tatort"-Kommissar Murot, der ab jetzt einmal jährlich von Wiesbaden ermittelt.

Dabei fängt die Einstiegsepisode "Wie einst Lilly" (Buch: Christian Jeltsch, Regie: Achim von Borries) so skurril und pietätvoll an: Beim Ermittler wurde ein Tumor im Kopf diagnostiziert. Doch statt prüfen zu lassen, ob er bösartig ist oder ob er sich entfernen ließe, gibt Murot dem Ding lieber den Namen "Lilly", spielt ihm auf dem Piano das berühmte Lale-Anderson-Lied vor und hält Zwiesprache mit ihm.

Mit dem Tumor im Kopf reist er in seine alte Heimatstadt an den Edersee, wo ein Angler ermordet wurde, der offensichtlich Verbindungen zur RAF hatte. Während er von seinem redseligen Geschwür gelegentlich abgelenkt wird, führt der Trip gleich in zweierlei Geschichten: in Murots eigene und die des deutschen Terrorismus. Einst war der Ermittler nämlich selbst an den Untersuchungen zu einem RAF-Mord involviert; er wurde allerdings versetzt, weil er unbequeme Fragen an seine Vorgesetzten stellte.

Unaufgeregt verquicken die Macher zum 40-jährigen Jubiläum des "Tatort" einen verwegenen Verschwörungs-Plot mit Anspielungen auf die jüngsten Entwicklungen und Mutmaßungen um Ex-Terroristin Verena Becker und den Buback-Fall. "Ewiger Unruhezustand beim Thema RAF", nuschelt der BKAler Ermitter Murot zu.

Ein schönes Motto für diesen Zeitgeschichtskrimi, der sich des im "Tatort" erstaunlichen unterrepräsentierten Themas RAF annimmt, um auf anschaulichste Weise zu zeigen: Historie schläft nie. Manchmal wuchert sie gar wie ein Tumor im Kopf.

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