Auszeit-Wohnungen in NRW: Trennung auf Probe

Wenn die Fetzen fliegen, tut räumlicher Abstand so manch einem Paar ganz gut. Nur wohin? Zurück zu Mutti? Auf keinen Fall! In NRW gibt es eine interessante Alternative.

Pffff, mit dir rede ich kein Wort mehr! Bei Streit hilft oft ein bisschen Abstand. Bild: imago

"Ich will Dich nie mehr wiedersehen!" Im Eifer des Gefechts sagt der eine oder andere schon mal Sachen, die er vielleicht gar nicht so meint. Bei einem richtigen Krach mit dem Partner zum Beispiel. Da können ganz schön die Fetzen fliegen. Und nicht nur die. Geschirr, Handys, Bücher, Blumenvasen - alles ist gerade gut genug, um zu zeigen, dass man stinksauer ist. Doch nicht nur das Paar leidet in der Beziehungskrise. Für Kinder kann das Gezanke der Eltern ebenso zur Tortur werden.

Wenn es einmal so richtig kracht, kann ein bisschen räumlicher Abstand sicherlich nicht verkehrt sein. Aber nicht jeder kann sich den Luxus eines Hotels leisten, nicht jeder hat ein paar Freunde, die einem ihre Schlafcouch anbieten. Muss einer der Partner also zurück ins Hotel Mama?

Nicht unbedingt: in NRW haben Menschen, die sich mit ihrem Partner zoffen eine andere Alternative. Seit Anfang 2010 bietet die LEG Wohnungsgesellschaft Auszeit-Wohnungen für zerstrittene Paare. Das Projekt startete mit einer Wohnung in Gelsenkirchen. Mittlerweile ist dort schon eine zweite bezugsfertig. Auch Ahlen und Bielefeld haben sich der Idee angeschlossen.

Die Wohnungen sind komplett eingerichtet und ausgestattet: „Möbel, Geschirr, Fernseher bis hin zur Zahnbürste, alles ist da“, so Carolin Gauglitz, Pressereferentin der LEG. Paare in Streitsituationen können so noch einmal über alles nachdenken. Aber nicht nur dafür werden die Wohnungen genutzt. Ein Streit mit dem Partner ist zwar der Ursprung der Idee, nicht aber die Prämisse. Um sich einfach mal ein bisschen von Familienalltag zu entspannen oder um sich einen anderen Stadtteil mal genauer anzuschauen, auch dafür stehen die Wohnungen zur Verfügung.

Im ostwestfälischen Bielefeld kann seit Anfang diesen Jahres eine Auszeit-Wohnung gemietet werden. „Die Resonanz ist überwältigend“, erklärt Jens Ellermann, Leiter des Kundencenters der LEG in Bielefeld. Schon in den ersten Tagen seien über 50 Anfragen für die Wohnung eingegangen. Maßstäbe werden bei der Vermittlung nicht angelegt. Es handele sich schließlich um Menschen in einer schwierigen Situation. Das könne man nur schwierig bewerten, so Ellermann. Deswegen gilt das Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Für den Raum OWL sind nun weitere Auszeit-Wohnungen geplant. Die hohe Nachfrage bestätigt das Vorhaben.

Für elf Euro am Tag lässt sich die Wohnung anmieten: mindestens 14 Tage lang, höchstens für sechs Monate. So hat das krisengeschüttelte Pärchen ausreichend Zeit sich neu zu ordnen. Das probeweise Ausziehen ist eine Übergangslösung, um sich darüber klar zu werden, wie es weitergehen soll. In einigen Fällen hilft die Zeit, eine neue Bleibe zu finden. Manchmal geht alles jedoch glimpflicher aus und die Streithähne versöhnen sich wieder.

Als Sozialprojekt solle man die Auszeit-Wohnung jedoch nicht sehen, bemerkt Gauglitz. „Es ist ein zusätzlicher Service“. Der Nutzen, den die LEG daraus zieht, liegt auf der Hand: eine etwas andere Art von Kundenbindung. Die Paare, die sich am Ende wirklich trennen, beauftragen die LEG mit der neuen Wohnungssuche.

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