Änderung des Steuerflucht-Gesetzes: Verschärft heißt nicht scharf
Steuern hinterziehen, selbst anzeigen, straffrei davonkommen: Diese bisherigen Regelungen will die Bundesregierung verschärfen. Der SPD und den Grünen reicht das nicht.
BERLIN taz | Union und FDP verschärfen das Gesetz gegen Steuerhinterziehung. Reuige Steuerflüchtlinge müssen künftig mehr Angaben gegenüber den Finanzämtern machen, um einer Strafe zu entgehen. SPD und Grüne kritisieren den Entwurf als nicht weitgehend genug.
Die Koalition reagiert mit ihrem Gesetz, das der Finanzausschuss des Bundestages am Mittwoch behandelt, auf die umfangreiche Steuerflucht aus Deutschland unter anderem in die Schweiz und nach Liechtenstein. In den vergangenen zwei Jahren sind tausende von Steuerhinterziehern aufgeflogen. Einer Strafe entgehen sie trotzdem, wenn sie ihre Steuerflucht rückwirkend rechtzeitig offenbaren. Diese sogenannte strafbefreiende Selbstanzeige will die Koalition zwar grundsätzlich beibehalten, allerdings einschränken.
Die heutige Regelung, die unter anderem die SPD als ungerecht kritisiert, sieht so aus: Zeigen sich Steuerflüchtlinge selbst an, bevor die Finanzbeamten zur Prüfung erscheinen, bleibt der Versuch der Steuerhinterziehung straffrei. Die nicht gezahlten Steuern plus 6 Prozent Zinsen pro Jahr müssen die Leute jedoch nachzahlen. Verschärft wird jetzt unter anderem die Terminregelung. Um straffrei zu bleiben, müssen Steuerflüchtlinge ihre verdeckten Konten erklären, bevor ihnen das Finanzamt die Prüfung ankündigt. Zu warten, bis die Prüfer vor der Türe stehen, reicht nicht mehr aus.
Im aktuellen Gesetz gibt es außerdem die sogenannte Teilselbstanzeige. Hat ein Steuerflüchtling im Ausland zwei verdeckte Konten, offenbart dem Finanzamt aber nur eines, bleibt er für die darauf angelegten Beträge künftig straffrei, auch wenn das andere später doch noch ohne seine Mitwirkung auffliegt. Diese Teilselbstanzeige will die Koalition nun abschaffen. Straffreiheit sollen nur noch die Steuerflüchtlinge genießen, die alle Tatbestände aufdecken.
Dies soll freilich erst gelten ab Verkündigung des neuen Gesetzes. Zurückliegende Fälle kämen weiterhin in den Genuss der alten Regelung. Als "Bestandsschutz für Pseudo-Ehrliche" kritisiert dies der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick.
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß fordert dagegen die komplette Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige in allen Varianten. Dies lehnt Finanzminister Wolfgang Schäuble ab. Sein Argument: Die Selbstanzeige ermögliche es den Finanzämtern, Steuern zu erheben, auf die sie ohne Mitwirkung der Steuerflüchtlinge verzichten müssten.
Leser*innenkommentare
Otto Pardey
Gast
Wie blöd ist man in Deutschland?
Keiner hat sich bisher Gedanken über Schwarzgeldkonten von deutschen Politikern im
Ausland gemacht.
@linke doppelmoral
Gast
Ihnen ist der Unterschied zwischen Jugendstrafrecht (worauf sie sich mit den streetworkern etc. beziehen) und Erwachsenenstrafrecht nicht klar (worunter gewöhnlich Steuerhinterziehungsdelikte fallen).
Das Jugendstrafrecht hat einen deutlich erzieherischen Auftrag, der eben durch genannte maßnahmen wie sozialpädagogische begleitung (bspw. anti-gewalttrainings), aber auch bestrafung durchgeführt wird.
zu ihrem vergleich mit der körperverletzung(so schwer es in diesem fall auch ist): würde man genauso verfahren wie beim aktuellen steuerstrafrecht, so hätte der_die täter_in keine strafe zu befürchten, wenn er_sie der polizei die tat selbst anzeigen würde und (jetzt wirds krude) schmerzensgeld an den_die betroffene_n verletzte_n zahlen würde.
Ingo
Gast
Den Hochverratsparagraphen ändern, wer mehr als xyz% des BIP versteckt wird eingesperrt, das Vermögen verfällt dem Bund.
Linke Doppelmoral
Gast
Warum hilft bei jemandem der mir die Fresse poliert keine harte Strafe sondern ein Streetworker oder ein sensibilisierender Abenteuerpfadtrip und bei Steuerhinterziehung genau das Umgekehrte? Warum setzt man bei Steuerhinterziehern nicht auf Streetworker, Segelkurse uns sonstige Sensibilisierungsmasnahmen. "Intensivstraftäter" bei uns in Neukölln haben so ab 50 Körperverletzungen etc aufwärts. Warum also keine 50 Chancen sich zu bessern bei Steuerhinterziehung? Die Grünen und andere Linke machen es sich immer schön passend. Die ganz Großen brauchen ihr erspartes nicht ins Ausland zu bringen die zahlen sowieso keine Steuern, die Mittelschicht schröpft man als "Reiche" umso mehr und Schmarotzer oder Kriminelle umsorgt man "sozial". Linke Politik eben.
regierungsfreund
Gast
Wie gnädig unser Staat doch sein kann. Schließlich geht es nur um ein paar Milliarden, die von Betrügern hinterzogen werden. Man muß auch mal gönnen können.
Für mich als ziemlich böswilliger Wut-Bürger ist das aktive Beihilfe der Regierung, des Staates zur Steuerhinterziehung.
Warum?
Anders geht es bei den Armen und nicht so Wohlhabenden zu. Hier zeigt der Staat, wie man Leuten nicht nur auf die Finger- sondern in die hintersten Winkel schaut, sehr präzise - fragen Sie einmal die Hartz IV-er! Bei ihnen wird mit übelstem Druck abgeholt, was man den Betrügern großzügig läßt.