Fast-Zensur in Venezuelas TV: Ein Hund namens Huguito

In Venezuela ist eine beliebte kolumbianische Telenovela einfach aus dem Programm gestrichen worden. Präsident Hugo Chávez sah sich persönlich beleidigt.

Don't cry for me, Venezuela: Huguito, ihr geliebter Hund, ist einfach weggelaufen. Bild: screenshot youtube.com

BERLIN taz | Tonnen von Make-up, pinkfarbener Lippenstift, wasserstoffblond gefärbte Haare, die sich grell von ihrer viel zu braun gebrannten Haut absetzen. Dazu übertrieben eng anliegende Klamotten, die sie sich bei ihrer vollschlanken Figur eigentlich nicht leisten kann. Sie ist grob, ungebildet und intrigant – und sie heißt Venezuela.

Als sympathisch kann man den Charakter der Venezuela in der kolumbianischen Telenovela "Chepe Fortuna" nicht bezeichnen. Und genau deswegen hat sich der venezolanische Präsident Hugo Chávez nun gegen die Ausstrahlung in seinem Land ausgesprochen.

Bisher war die Telenovela in beiden Ländern sehr beliebt. Doch nun müssen die Venezolaner auf ihren "Chepe" verzichten. Die Medienaufsicht Conatel wetterte gegen die Ausstrahlung im TV: Die Sendung fördere politische Intoleranz und unterschätze die Intelligenz der Zuschauer.

Zugegeben, die Parallelen zu den beiden benachbarten und ewig zerstrittenen Ländern Lateinamerikas ist offensichtlich. Während Venezuela immer wieder versucht, mit englischem Kauderwelsch über ihr geringes Bildungsniveau hinweg zu täuschen, ist ihre Schwester Colombia – was für ein Zufall bei der Namensgebung – die Tugend und Weisheit in Person.

Außerdem besitzt Venezuela einen kleinen Hund, den sie Huguito (Hugolein) nennt. In einer der letzten Episoden ist ihr der kleine Hugo weggelaufen. Sie war am Boden zerstört. Doch Venezuelas Geliebter sah das Ganze positiv: „Jetzt wirst du endlich frei sein, Venezuela. Huguito hat sich in letzter Zeit sowieso nur noch in fremden Häusern herumgetrieben und dich schlecht dastehen lassen.“

Ist das etwa eine Anspielung auf die Politik von Chávez und auf die vermeintliche Unterstützung von FARC-Rebellen, die sich in Venezuela aufhalten sollen? Jedenfalls hat genau diese Episode gereicht, um den Staatschef auf die Palme zu bringen. „Das ist eine ganz schreckliche Sendung“, sagte er in der Parlamentsversammlung letzte Woche. Sie zeige die Respektlosigkeit gegenüber Venezuela.

Vielleicht verstehen Revoluzzer wie Chávez einfach keinen Spaß, wenn man sie mal ein bisschen auf den Arm nimmt. Für die Telenovela konnte es aber besser gar nicht laufen. Wegen dieses Skandals sind ihre Einschaltquoten in Kolumbien um 50 Prozent gestiegen.

Die eigentliche Crux ist aber, dass Präsident Chávez das Verbot der Sendung nicht direkt angeordnet hatte. Auch die Medienaufsicht Contel hat die beliebte Telenovela nicht verboten. Sie hatte lediglich den betroffenen Sender Televen ermahnt. Dieser ging der Mahnung nach und nahm „Chepe Fortuna“ aus ihrem Programm. Für Televen war diese Handhabung eindeutig günstiger als weitere Sanktionen abzuwarten.

So triumphierte Chávez ohne sich Zensur vorwerfen lassen zu können. Der Staat beschneidet also nicht die Meinungsfreiheit der Individuen. Das machen sie selbst, um keine Probleme mit dem Staat zu bekommen. Zumindest soll das suggeriert werden.

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