Kommentar Davos: Chefs machen sich wichtig

Davos ist wie ein G-20-Treffen ohne Agenda, bei dem zusätzlich noch ungefähr 1.000 Manager umherwuseln. Was soll das bringen, wenn selbst G-20-Treffen regelmäßig scheitern?

Die Finanzwelt ist sicher! Und der Euro überlebt! Das ist die schlichte Botschaft aus Davos, wo sich im Schnee – wie jedes Jahr – die Prominenz aus Politik und Wirtschaft traf.

Nun ist es eine Binsenweisheit, dass nichts normal ist, wenn die Normalität angestrengt betont werden muss. Normal an Davos war nur, dass es überhaupt keine Ergebnisse oder Einsichten zeitigte. Wie jedes Jahr blieb es ein folgenloses Treffen der Wichtigen und Wichtigtuer. Das World Economic Forum ist ein reines Marketing-Event, das inzwischen auch schon Ableger in Asien, Lateinamerika und Afrika betreibt.

Davos ist ein bizarres Beispiel, wie sich das Verhältnis von Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft umkehren lässt. Wie der Name schon sagt, geht es offiziell um die Weltwirtschaft, doch tatsächlich versuchen die Sponsor-Unternehmen nur, ihr Image aufzupolieren. Auch in harten Schweizer Franken gerechnet ist es billiger als jede Anzeigenkampagne, dass die Firmenchefs zu den Herrschern über die "Weltökonomie" geadelt werden. Ausgerechnet in Graubünden.

Davos ist wie ein G-20-Treffen ohne Agenda, bei dem zusätzlich noch ungefähr 1.000 Manager umherwuseln. Was soll das bringen, wenn selbst G-20-Treffen regelmäßig scheitern?

Natürlich blüht der Lobbyismus in Davos, versuchen die Firmenchefs von den intimen Kontakten zur Politik zu profitieren. Allerdings wäre es ein Fehlschluss zu glauben, dass Lobbyisten unbedingt in den Schweizer Schnee reisen müssten. Sie haben auch zu Hause direkten Kontakt zum Kanzleramt. Für die Unternehmen geht es schlicht ums Sehen und Gesehen werden im Kreis der Mächtigen.

Und so bleibt der Eindruck zurück, dass sich selbst Kanzlerinnen für nichts zu schade sind. Mit grippaler Stimme krächzte Angela Merkel in die Mikrofone, dass die EU-Staaten sparen müssen. Es ist nicht neu, dass sie das glaubt. Sie hätte ins Bett gehört, nicht nach Davos. Dort war sie nur die Glamour-Lady für die Firmen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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