Neue Studie über Computerspiele: Geringe Suchtgefahr beim Daddeln

Gefährlich seien sie und süchtig machten sie auch - über Jahre wurden Computerspiele angefeindet. Eine neue Studie der NRW- Landesanstalt für Medien kommt zu anderen Ergebnissen.

Wollen nur spielen: Besucher der Spielemesse Gamescom. Bild: dpa

DÜSSELDORF dpa | Computerspiele sind nach Ansicht von Wissenschaftlern über Jahre häufig zu Unrecht in die Schmuddelecke gestellt worden. Gerade einmal 0,5 Prozent der Computerspieler in Deutschland gelten als abhängig, wie aus einer am Mittwoch in Düsseldorf vorgestellten Studie der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Medien (LfM) hervorgeht. Weitere 0,9 Prozent sind nach der repräsentativen Erhebung als suchtgefährdet einzustufen. Die meisten Spieler zeigen ein unauffälliges Spielverhalten.

Vor allem die sogenannten Ego-Shooter standen in den vergangenen Jahren immer wieder in der Kritik - Politiker und Pädagogen bezeichnen sie gern als "Killerspiele". Auslöser waren die Schulmassaker 2002 in Erfurt und 2009 in Winnenden. Die beiden 19 beziehungsweise 17 Jahre alten Täter sollen sich in ihrer Freizeit übermäßig stark mit Ballerspielen beschäftigt haben. "Es gibt eine Gefährdung, aber die ist auf eine relativ kleine Gruppe begrenzt", sagte der Mitautor der Studie, Jürgen Fritz, der als Professor für Spielpädagogik an der Fachhochschule Köln lehrt.

Zwar gebe es tatsächlich Menschen, die in die virtuelle Welt der Computerspiele "versacken". Dabei handele es sich aber nicht um ein Massenphänomen. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass in Deutschland etwa jeder Dritte im Alter von mehr als 14 Jahren Computerspiele nutzt. Zu den Spielen, die von den Wissenschaftlern unter die Lupe genommen wurden, gehört etwa "Farmville" im Online-Netzwerk Facebook. Das Spiel wird auch von vielen Erwachsenen genutzt.

In den meisten Fällen sind Computerspiele nach Ansicht der Autoren ein harmloser Zeitvertreib - genauso wie auch Gesellschaftsspiele. "Menschen werden sehr schnell seelisch krank, wenn sie diese Form der Entspannung nicht mehr haben", sagte Tanja Witting, Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Professor Fritz. Bedenklich wird es nach Einschätzung der Experten erst, wenn Computerspiele im Alltag so viel Zeit beanspruchen, dass sie andere Lebensbereiche zurückdrängen.

Der Erziehungswissenschaftler Johannes Fromme von der Uni Magdeburg warb für mehr Medienbildung in Schulen. Die Lehrpläne in Nordrhein-Westfalen ließen dafür meist den nötigen Raum, gefragt sei hier das Engagement der Lehrer. Das Nischendasein des Themas Computerspiele sei nur ein Beispiel dafür, dass Medienbildung generell im Unterricht zu kurz komme. Für ihre Studie befragten die Wissenschaftler 600 Computerspieler repräsentativ. Außerdem analysierten sie Computerspiele und interviewten einzelne Spieler.

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