Letztinstanzliches Urteil: Christiania verliert Selbstbestimmung

Das letzte Urteil ist gesprochen: Der 1971 besetzte "Freistaat Christiania" darf vom dänischen Staat voll genutzt werden. Damit die Grundlage für die Selbstverwaltung futsch.

Christiania-BewohnerInnen am 18.2.2011 vor dem Gericht. Bild: dapd

KOPENHAGEN dpa | Der Kopenhagener "Freistaat Christiania" hat den juristischen Streit um sein vor 40 Jahren erkämpftes Selbstbestimmungsrecht endgültig verloren. Dänemarks oberstes Gericht sprach am Freitag dem Staat das volle Nutzungsrecht über das Gelände des legendären Alternativviertels im südöstlichen Zentrum von Kopenhagen zu. Es wies die Berufung der "Christianitter" gegen ein gleichlautendes Urteil in zweiter Instanz 2009 zurück.

Die Regierung von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen ist damit ihrem seit Jahren erklärten Ziel erneut ein Stück nähergekommen, die 1971 entstandene "Hippie-Republik" in einen normalen Stadtteil umzuwandeln. Tausende junge Dänen hatten das 34 Hektar große und verlassene Kasernengelände im Stadtteil Christianshavn damals gestürmt, besetzt und seitdem erfolgreich gegen alle Räumungsversuche verteidigt.

Ohne Erfolg machten sie vor Gericht ein "unkündbares Nutzungsrecht" geltend, weil sie das Gelände unter Duldung der Behörden seit vier Jahrzehnten unterhalten und selbstständig verwaltet hätten.

Der Streit über Verbleib oder Räumung des Viertels mit knapp 1.000 Bewohnern gehört seit der Besetzung fest zum politischen Alltag in Dänemark. 2004 kündigte die immer noch amtierende Mitte-rechts-Regierung das nach und nach zwischen Behörden und Christianittern ausgehandelte Abkommen über die Nutzungsrechte.

Sie will erreichen, dass Zuzug, Wohnrechte und Ähnliches wie in jedem anderen Stadtteil unter anderem durch Marktmechanismen mit Angebot und Nachfrage geregelt werden. Bisher entscheiden allein die Bewohner in ihrer Vollversammlung, wer ein Wohnrecht bekommt.

In den vergangenen Jahren hat sich eine wachsende Mehrheit von ihnen für Kompromisse mit Ministerien und Behörden ausgesprochen, um Christiania als "soziales Experiment" weiterentwickeln zu können. Bei Kopenhagen-Touristen ist Christiania neben der Kleinen Meerjungfrau und dem Vergnügungspark Tivoli das beliebteste Ausflugsziel. Dazu hat auch der bis 2004 vom Staat geduldete offene Verkauf von Cannabis in der Pusher Street beigetragen.

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