Grameen-Bank-Gründer Yunus: Nobelpreisträger in Misskredit

Bangladeschs Regierung will Armenbankchef Yunus absägen. Dahinter stecken politisches Kalkül und keine ernsthafte Kritik an den umstrittenen Mikrokrediten.

Soll in Rente geschickt werden: Muhammad Yunus, Gründer der Grameen Bank. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Regierung von Bangladesch verstärkt ihre Versuche, den Friedensnobelpreisträger, Gründer und Geschäftsführer der einflussreichen Grameen Bank, Muhammad Yunus, zu entmachten. Am Montag legte der von der Regierung im Dezember eingesetzte Bankvorsitzende Khondaker Muzammel Huq bei einer Vorstandssitzung einen Brief der Zentralbank an das Finanzministerium vor. Demnach hätte der heute 70-jährige Yunus bereits vor zehn Jahren pensioniert werden oder aber eine Ausnahmegenehmigung beantragen müssen. Dies berichtete Bangladeschs größte englischsprachige Zeitung The Daily Star am Dienstag.

Laut Huq, einem früheren Untergebenen von Yunus, bezeichnet der Brief die Geschäftsführung des Bankgründers als "illegal und ungültig". Dem Bericht zufolge entschied der Vorstand aber nicht über eine Entmachtung Yunus. Der wurde bereits vor drei Wochen von Finanzminister A. M. A. Muhith zum Rücktritt aufgefordert, weil er die Bank nicht ewig führen könne.

Die Regierung in Dhaka hält 25 Prozent an der vom damaligen Ökonomieprofessor Yunus 1983 gegründeten Armenbank. Yunus und Grameen machten Mikrokredite für Menschen populär, die bis dato nicht kreditwürdig waren. Die Bank hat heute in Bangladesch mehr als 8 Millionen Kunden, darunter 97 Prozent Frauen. Yunus und Grameen erhielten 2006 gemeinsam den Friedensnobelpreis.

2007 spielte Yunus kurzzeitig mit dem Gedanken, in die Politik zu wechseln und Premierminister zu werden. Beobachter vermuten, dass seitdem die damalige Oppositionsführerin und heutige Premierministerin Sheikh Hasina nach Wegen sucht, den beliebten und regierungskritischen Yunus zu demontieren und seine einflussreiche Bank unter ihre Kontrolle zu bekommen.

Schuldenspirale anheizen

Die Chance schien gekommen, als im Dezember 2010 ein norwegischer TV-Dokumentarfilm Yunus und Grameen die Zweckentfremdung von 48 Millionen Dollar norwegischer Entwicklungshilfe im Jahr 1996 vorwarf. Während Norwegens Regierung kurz darauf erklärte, die Mittelverwendung sei nachträglich korrigiert worden, und Yunus so entlastete, setzte die Regierung in Dhaka im Januar einen Untersuchungsausschuss ein. Der soll im April ein Urteil fällen. Zugleich begannen vor Gericht Klagen gegen Yunus.

Auch entdeckte die Regierung ganz plötzlich, dass Mikrokredite durchaus sehr problematisch sein und überschuldete Familien in den Tod treiben können. In Bangladeschs Nachbarland Indien etwa ist der Mikrokreditsektor außer Kontrolle geraten, weil sich in ihm viele rein kommerzielle Anbieter tummeln, die leichtfertig Kredite vergaben.

Oft können Kreditnehmer ihre Schulden nur noch mit neuen Mikrokrediten bedienen, was eine Schuldenspirale anheizt. Auch liegen die Zinssätze bei Mikrokrediten um 25 Prozent. Das ist zwar niedriger als bei privaten Geldverleihern, doch höher als bei regulären Banken und sicher nicht armutsgerecht. Premierministerin Sheikh Hasina bezeichnte deshalb Yunus im Dezember plötzlich als "Blutsauger", der Grameen als "persönliches Eigentum" betrachte.

Doch Yunus und Grameen, die bis heute von westlicher Entwicklungshilfe als Wunderwaffe der Armutsbekämpfung hofiert werden, haben einflussreiche Freunde. Unter Führung der früheren irischen Staatspräsidentin Mary Robinson gründete sich ein Kreis "Freunde von Grameen", zu dem auch der frühere Weltbankpräsident James Wolfensohn zählt. Für sie sind Yunus und Grameen allein Opfer einer "Desinformationskampagne". Gerüchten zufolge sollen schon US-Diplomaten in Dhaka für Yunus vorgesprochen haben.

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