Interview mit Dokumentarfilmerin: "Fußballfilme sind immer noch Spartenfilme"

Am Freitag beginnt das Fußballfilmfestival "11 mm". Schwerpunkt ist in diesem Jahr Frauenfußball. Tanja Bubbels Dokumentarfilm beschreibt dessen Entwicklung

Training von Turbine Potsdam in den 70er-Jahren Bild: Tanja Bubbel

taz: Frau Bubbel, Ihr Dokumentarfilm "Die schönste Nebensache der Welt" beschäftigt sich mit der Geschichte des Frauenfußballs in Deutschland. Wie kam es dazu?

Tanja Bubbel: Das ist mein Diplomfilm von der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in Potsdam. Ich spielte damals in einer Freizeit-Fußballmannschaft. Eine Mitspielerin sagte irgendwann flapsig zu mir: "Mach doch was zur Geschichte des Frauenfußballs." Ich habe recherchiert und gemerkt, dass es bis dato keinen Film zu dem Thema gab.

Dabei ist die Geschichte des Frauenfußballs ja gerade im Jahr der Heim-WM ein spannendes Thema.

33, studierte Philosophie, Neue deutsche Literatur und VWL in Berlin und später Drehbuch an der HFF Potsdam. Sie arbeitet als Regiesseurin und Autorin.

Mit der WM hatte mein Projekt nichts zu tun. Der Film entstand schon 2009. Aber die Geschichte ist tatsächlich ziemlich skurril. Bis 1970 hatte es der Deutsche Fußballbund (DFB) seinen Vereinen verboten, Frauenfußballteams zusammenzustellen. Den Frauen wurden nicht mal Fußballplätze zur Verfügung gestellt.

Heute ist Frauenfußball populär, die WM-Tickets verkaufen sich gut. Wie war das früher?

Na ja, schon in den 50er Jahren füllte Frauenfußball große Stadien. Ein Münchner Geschäftsmann kam auf die Idee, die Kickerinnen zu vermarkten. Er hat inoffizielle Nationalmannschaften zusammengestellt und regelmäßig Länderspiele veranstaltet. Da ging es aber nicht so sehr um Fußball: Es war eher eine Zirkusveranstaltung, eine Attraktion eben. Frauen, die den "harten Männersport" ausüben, rennen, schießen, sich foulen - das hatte hohen Unterhaltungswert. Für mich war interessant, was für Reaktionen der Umstand ausgelöst hat, wenn Frauen gegen einen Fußball treten.

Sie haben in Ihrem Film Fußballerinnen aus drei Generationen und beiden Teilen Deutschlands zu Wort kommen lassen. Was waren Ihre persönliche Highlights?

Die Fußballdamen der ersten Generation aus Dortmund. Sie kennen sich seit Jahrzehnten, nehmen kein Blatt vor den Mund. Ich komme selbst aus dem Ruhrpott, die ehrliche Art gefällt mir. Für den Film haben sie viele lustige Szenen geliefert. Das sieht man ja schon im Trailer. Da gucken wir ein Fußballspiel; bei der anschließenden Kritik sagt eine zur Leistung von Birgit Prinz: "Na, die hat wohl ihre Periode. So wenig, wie die gelaufen ist." Mehr will ich nicht verraten, das können die Zuschauer selbst sehen.

Was hat Sie noch überrascht bei der Recherche?

Auch die Suche nach den Wurzeln des Frauenfußballs in der DDR war spannend. Turbine Potsdam wurde beispielsweise 1971 anlässlich des Weltfrauentages gegründet. Das war anfangs eher ein Gag. Ende der 70er Jahre spielte Sabine Seidel dort. Sie gilt bis heute als beste DDR-Spielerin und eine der besten Fußballerinnen überhaupt.

Der Film lief schon im vergangenen Jahr auf dem Festival. Sie haben den 3. Platz beim Publikumspreis gemacht. Ein Erfolg?

Ja, ein großer. Letztes Jahr war Frauenfußball ja nicht das große Thema beim Festival, wir haben mit Filmen wie "Das Leben ist kein Heimspiel" über die TSG Hoffenheim konkurriert. Leider hat sich bis jetzt aber weder ein Verleih noch ein Fernsehsender gemeldet, der den Film einem größeren Publikum zugänglich machen könnte. Fußballfilme sind immer noch Spartenfilme.

Dabei ist die Geschichte des Männerfußballs mit dem Film "Der ganz große Traum" gerade in aller Munde. Neidisch?

Nein, die spielen in einer anderen Liga. Das ist nicht zu vergleichen, weder vom Budget noch von der Besetzung. Außerdem ist das ein Spielfilm, wir haben eine Low-low-low-Budget-Dokumentation gedreht. Wir mussten mit 8.000 Euro auskommen.

Bleiben Sie dem Genre Fußballfilm auch künftig treu?

Ja, im Moment arbeite ich an einem weiteren Fußballfilmprojekt. Aber dazu möchte ich im Moment nicht mehr sagen, das bringt Unglück!

Spielen Sie noch Fußball?

Gelegentlich - und nach dem Motto "Schlecht, aber gerne". Um eine gute Fußballerin zu werden, hätte ich wohl früher anfangen müssen.

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