Erdbeben erschüttert Autobranche: Just in time sorgt für Engpässe

Die Autohersteller kommen nicht zur Ruhe: Kaum ist die Krise vorbei, verursachen Schäden bei japanischen Zulieferern in Folge des Erdbebens Produktionsausfälle.

Vom Tsunami zerstörte Toyotas im Hafen von Sendai. Bild: dapd

Der Luftstrommesser ist nur ein kleines Teil, aber er reguliert die Luftzufuhr für den Motor und ist bei der Automobilherstellung unverzichtbar. Hergestellt wird er von Hitachi Automotive Japan, jedenfalls für die Branchenleader Toyota und General Motors (GM) sowie einige andere wie den europäischen Autokonzern PSA Peugeot Citroën.

Aktuell hat Hitachi allerdings Lieferprobleme. Eine der Fabriken für die Massenproduktion steht im Norden der japanischen Hauptinsel, das Erdbeben vom 12. März hat sie schwer beschädigt. Die Stromversorgung fiel für zwei Wochen aus. Und der hard rain aus dem defekten Atomkraftwerk Fukushima führte dazu, dass die Radioaktivität in der Region anstieg.

Zerstörte Werke

Die Produktion läuft nur schleppend wieder an - mit weit geringerem Ausstoß als vor dem Beben. Und weil die Autohersteller ihre globale Logistik auf Just-in-time-Lieferungen eingerichtet haben, schlagen die Probleme voll durch. Die Stammkunden Toyota und GM mussten die Autoproduktion in mehreren Werken drosseln. In Deutschland kam es bei Opel zeitweise zu Schwierigkeiten, aktuell gibt es allerdings weder Liefer- noch Produktionsengpässe. Einige japanische Hersteller haben ihre Fabriken wegen anderer fehlender Teile zeitweise ganz geschlossen. Bei Honda stellten letzte Woche drei von sechs Autofabriken gar keine Wagen mehr her. Mindestens bis zum 4. April soll das auch so bleiben. Es fehlen Kunststoff- und Gummiteile, die vor dem Erdbeben in Werken im Katastrophengebiet hergestellt wurden, die jetzt alle zerstört sind. Nissan dagegen baut nach längerem Stillstand seit Donnerstag wieder Fahrzeuge, Suzuki startete am Sonntag, wenn auch nur für halbe Tage.

Zulieferfirmen von Toyota meldeten am Dienstag, der Konzern wolle seine Bänder in den japanischen Anlagen bis zum 11. April stillstehen lassen. Auch aus Fabriken des Weltmarktführers in den USA wurden "Produktionsunterbrechungen" verkündet. Zwar sitzen die meisten ihrer Lieferfirmen in den Staaten und in Kanada, aber einige wichtige Teile - meist für die Elektronik - werden in Japan hergestellt. Wie das Unternehmen in New York verlauten ließ, gehen die Bestände jetzt "zur Neige".

Alle großen Automobilhersteller haben nun Krisenstäbe berufen. Es komme darauf an, "durch schnelles Prozess- und Risikomanagement" auf die sich nahezu täglich verändernden Bedingungen in Japan zu reagieren, sagt Holger Hildebrand, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik. So werde gerade eruiert, was auf Transportlogistiker und Subunternehmer zukommt, wenn tatsächlich bald auch radioaktiv kontaminierte Teile aus Japan in europäischen Häfen oder auf nordamerikanischen Flughäfen ankommen und dann per Llw oder Bahn zu den Autofabriken weitertransportiert werden. Bislang ist im Gespräch, mobile Messtrupps aufzustellen oder Geigerzähler an Reedereien, Containerterminals und Speditionen zu verteilen.

Bei Daimler ist man auf den Ernstfall schon vorbereitet. Im Stammwerk in Stuttgart wurde ein Lagezentrum mit Messstationen und Sicherheitsschleusen eingerichtet. Dort werden alle aus Japan angelieferten Teile einer strengen Kontrolle unterzogen. Bisher soll allerdings noch keine radioaktive Belastung festgestellt worden sein.

Kurzarbeit angeboten

Sollte es in deutschen Autofabriken wegen fehlender Teile oder einer erhöhten radioaktiven Strahlung japanischer Komponenten tatsächlich zu größeren Engpässen oder gar zu einem längeren Produktionsstillstand kommen, hilft die Bundesregierung aus: mit Kurzarbeitergeld für temporär beschäftigungslose Automobilwerker. Das System habe sich ja schon während der globalen Finanzkrise bewährt, sagte eine Sprecherin der Bundesanstalt für Arbeit.

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