Protest in Uganda: Wer mitläuft, ist verdächtig

In Uganda wendet sich die neue Mittelschicht gegen Präsident Museveni. Sein Militär reagiert brutal auf die neue Protestform "Walk To Work".

Mit Steinschleudern gegen scharfe Munition: Demonstrant in Kampala. Bild: reuters

KAMPALA taz | Robert Ange reibt sich die Augen, schüttet sich Wasser aus einem Plastikkanister ins Gesicht. Tränengas verfliegt nur langsam. Neben ihm brennen Reifen auf der Straße. Kireka, ein Vorort von Ugandas Hauptstadt Kampala, sieht aus wie ein Schlachtfeld. Militärpolizisten schießen ziellos in die Menge. Protestler wie Ange rennen in die Seitengassen, verstecken sich zwischen den Häusern, von wo aus sie Steine schmeißen. "Ich habe dieses Regime satt", wettert der 29-Jährige.

Am Morgengrauen war Ange von seinem Einfamilienhaus in Kireka losgelaufen, zusammen mit rund hundert Nachbarn und Freunden. Sie marschierten in Richtung Stadtzentrum, wo Ange ein kleines Restaurant hat, in welchem er ein Mittagsbuffet für geschäftige Hauptstädter anbietet. "Wir laufen zur Arbeit - aus Protest, weil wir uns die Transportkosten nicht mehr leisten können", erklärt er. Der Minibus in die Innenstadt hatte bislang stets 2.000 Schilling gekostet (60 Euro-Cent). Seit die Benzinpreise in Uganda in die Höhe geschnellt sind, koste die Fahrt das Doppelte, sagt er. "Das kann sich doch niemand mehr leisten", klagt der Vater von fünf Kindern. Auch die Lebensmittelpreise steigen täglich. "Egal was ich für mein Restaurant einkaufe, es ist doppelt so teuer wie bisher."

Uganda erlebt seinen dritten Protesttag. Bereits vergangene Woche hatte ein loses Bündnis der Oppositionsparteien zu Protestmärschen unter dem Motto "Walk to Work" (Lauf zur Arbeit) aufgerufen, um gegen Preissteigerungen zu demonstrieren. Kizza Besigye, Führer der Oppositionspartei FDC (Forum für Demokratischen Wandel), wurde beim ersten Protestmarsch festgenommen, kam aber auf Kaution wieder frei. Beim zweiten Marsch wurde ihm in die Hand geschossen.

Ein Toter, 14 Verletzte

Beim dritten Mal am Montagmorgen kommt Besigye nicht weit. Direkt vor seinem Tor im Vorstadtbezirk Kasangati umzingelt ihn die Polizei. Sie bringt ihn zur lokalen Polizeistation. Ähnlich geht es 17 weiteren Oppositionspolitikern, darunter die beiden Parteiführer Norbert Mao und Olara Otunnu. Am Nachmittag wird Besigye dem Haftrichter vorgeführt. Die Anklage: Aufruf zur Gewalt. Er kommt wieder auf Kaution frei.

Das Rote Kreuz meldete am Montag einen Toten und 14 Verletzte, viele davon mit Schusswunden. Polizei und Militär kannten kein Pardon, nicht einmal gegenüber einfachen Passanten: Ein junger Mann frittierte an seinem Straßenkiosk Fladenbrot. Soldaten schrien ihn an, er solle seine Holzbude räumen. Als er nicht sofort reagierte, schlugen sie mit Stöcken auf ihn ein.

"Es wird keine Demonstrationen mehr geben", hatte Ugandas Präsident Yoweri Museveni angekündigt. Zu Gesprächen sei er nicht bereit: "Wir hatten Wahlen, Besigye hat verloren. Wenn er jetzt andere Pläne hat, dann sind die idiotisch", wetterte er. Im Februar war Museveni, der Uganda seit 25 Jahren regiert, mit 69 Prozent wiedergewählt worden. Besigye holte 26 Prozent.

Neu ist der Protest der Mittelschicht

Nicht die Wahl, sondern das Alltagsleben bietet nun der Opposition die Gelegenheit, die Massen zu mobilisieren. Neu in Uganda ist, dass die kleine, aber wachsende Mittelschicht protestiert. Diejenigen, die ein Auto haben, das sie nun in der Hofeinfahrt ihres Eigenheims stehen lassen. Und diejenigen, die in den schnell wachsenden Mittelstandsvierteln am Stadtrand leben und die einen Job oder ein kleines Unternehmen haben, zu welchem sie mit Bus oder Sammeltaxi in die Stadt fahren - dies sind die Menschen, die unter den täglichen Preissteigerungen am meisten leiden, mehr als die, die ohnehin keinen Job haben und nirgendwo hin müssen.

Der Präsident gibt der Dürre die Schuld an steigenden Preisen für Gemüse und Obst. Der Ölpreis sei wegen der Libyen-Krise weltweit in die Höhe geschnellt, sagt er. Doch Restaurantbesitzer Ange zählt auf, für was die Regierung derzeit "unnütz" Geld ausgebe: Acht Kampfjets, die 744 Millionen Dollar kosteten. Die Inaugurationsfeier zu Musevenis vierter gewählter Amtszeit im Mai, die eine Million Euro kosten soll.

"Museveni leistet sich all das, während sein Volk hungert", schimpft Ange. Was in Ägypten und Libyen möglich sei, könne auch in Uganda geschehen. Dann rennt er wieder auf die Straße, um Steine zu schmeißen.

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