Hochzeitswahn: Herrschaftszeiten!

Es ist eher die Lust am royalen Kitsch und am gemeinsamen Lästern als echte Königstreue, die Schaulustige zum Public Viewing an den Potsdamer Platz treibt. Lustig ist's trotzdem.

Public Viewing allerorten. Bild: DPA

Es ist 11 Uhr. Nora und Nina haben an alles gedacht. Der Sekt ist gekühlt, der Picknick-Korb gut gefüllt. Die 30 und 31 Jahre alten Berlinerinnen haben sich Glitzerkrönchen in die Haare gesteckt und sich zum öffentlichen Hochzeit-Gucken am Potsdamer Platz getroffen. "Ich gehe grundsätzlich gerne zu Public-Viewing-Veranstaltungen", erzählt Nora, "egal ob Fußball oder königliche Hochzeit. Wir staffieren uns dem Anlass entsprechend aus und haben einen Haufen Spaß dabei." Natürlich "kann man das nicht mit jedem machen", lacht Nina, "aber wir machen beide gerne so einen Quatsch."

Vor dem Theater am Potsdamer Platz haben sich etwa 50 Leute eingefunden. Auf einer Großleinwand läuft die Live-Übertragung der Hochzeit von Kate und William. Gegenüber sind ein paar Stehtische aufgebaut, eine Bar gibt es auch. Doch noch hat die Frau hinter dem Tresen nicht viel zu tun. Passanten bleiben stehen, schauen eine Weile dem Treiben auf der Leinwand zu, laufen weiter.

Einige wenige bleiben, suchen sich einen Sitzplatz in der Sonne und verfolgen die Hochzeitsbilder. Jason und Eve kommen aus Birmingham und sind zum ersten Mal in Berlin. Die königliche Hochzeit "wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen", erklärt die junge Frau. Da sei schon ein gewisser Nationalstolz dabei, ergänzt Jason und muß selber darüber lachen. Die zwei haben Sekt und Popcorn dabei.

Neben ihnen sitzen Laura und Louisa. Die zwei Studentinnen haben sich über facebook verabredet und freuen sich über die gute Stimmung. Wie bei der WM sei das, sagt Laura. "Wir warten noch auf eine Freundin, die bringt Sekt und Krönchen für uns mit."Für die Royals interessieren die beiden 20-jährigen sich nicht. "Die sind mir eigentlich egal", verrät Laura, "aber so eine Hochzeit ist einfach schön."

Marina und Rieke sind London-Fans. "Die Leute sind pompös und ausgeflippt", erzählt Rieke. Aber ihre Freunde dort würden sich das Spektakel nicht ansehen, "die sind alle aus London raus gefahren". Auch die Zuschauermenge am Potsdamer Platz ist inzwischem größer geworden. Der 23-jährigen Rieke ist die Hochzeit wichtig. "Das Königshaus an sich interessiert mich schon." Neben einer Decke und großen mit dem Union Jack verzierten Kissen haben die beiden auch edle Sektgläser und Proviant mitgebracht. Riekes Mutter Margret ist auch dabei. Die 58-jährige findet "die Idee nett", zu Hause hätte sie sich die Hochzeitsfeier nicht angeschaut.

Mittlerweile ist es 12 Uhr, der Platz hat sich gefüllt. An die 200 Zuschauer sind es wohl geworden. Und auch die Barfrau muß sich nicht mehr langweilen. Besonders gut geht der Sekt. Champagner können sich halt nur die Royals leisten.

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