Arte-Themenabend "Private Paradiese" : In Sicherheit gefangen

"Gated Community", eingezäunte Gemeinden, heißt die neue Wohnkultur aus dem Ausland. Die Arkadien-Siedlung am Glienicker Horn in Potsdam hat den Trend importiert.

Sarkastisch gesehen lustig, sich freiwillig einsperren zu lassen, aber eigentlich traurig. Blick in die Arkadien Siedlung in Potsdam. Bild: max bBüch

BERLIN taz | Verstehen kann man es als normal sterblicher Mensch wohl nicht wirklich, warum jemand sich so etwas freiwillig antut. Und dafür gar noch viel Geld bezahlt. "Gated Community" heißt die neue "Living Culture" aus dem Ausland - eingezäunte Gemeinden als neue Wohnkultur. Was sich in den USA, vor allem aber in den ärmeren Regionen der Erde, wo die Kluft zwischen arm und reich besonders hoch ist, längst zu einem festen Bestandteil von Lebensräumen entwickelt hat, steckt hierzulande glücklicherweise noch in den Kinderschuhen.

Mannshohe Gitterstäbe, "Mobile Security" und keine Menschenseele weit und breit zu sehen. Die Arkadien-Siedlung am Glienicker Horn in Potsdam hat den Trend importiert und gilt als erste Gated Community Deutschlands. Steingewordenes Sicherheitsdenken, dessen soziale Kälte einen trotz der lauen Sommerbrise leise frösteln lässt.

In Südafrika oder Brasilien mag ein Stück weit mehr Sicherheit tatsächlich lebensverlängernde Effekte nach sich ziehen, aber hier? Muss man in Potsdam etwa fürchten, auf offener Straße erschossen zu werden? War ich womöglich naiv bis lebensmüde, alleine und unbewaffnet durch die Bronx Brandenburgs zu fahren?

Was Menschen zu diesem extremen Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung treibt, haben sich wahrscheinlich auch Corinna Wichmann und Lukas Schmid gefragt. Die aufschlussreiche Dokumentation "Auf der sicheren Seite" ist daraus entstanden. Die drei ausgewählten Gated Communities zeigen beispielhaft, was überall gleich zu sein scheint und wie unterschiedlich dennoch die Beweggründe für ein solches Leben in den verschiedenen Ländern sind.

Freiwillig eingesperrt und kontrolliert

Die Menschen in Johannesburg, Südafrika, bewegt der Schutz vor Kriminalität. In Bangalore, Indien, reizt die Abgeschiedenheit und Ruhe und in Las Vegas, USA? Nun ja, die Verhältnisse sind dort schon etwas krasser.

"Regeln sind Regeln", untermauert der örtliche Sicherheits-Cowboy von "Spanish Trail" in seinem Pickup die vorherrschende Starrsinnigkeit und brummt im Anschluss einer Anwohnerin ein Bußgeld auf, für zu schnelles Fahren innerhalb der Anlage. Die Garagentore dürfen nicht zu lange offenstehen, die Mülleimer nicht zu lange draußen, allerdings sollten sie auch nicht zu früh rausgestellt werden. Der Sicherheitsdienst ist "immer präsent".

Dass sich Menschen für viel Geld freiwillig in fast schon faschistoide Verhältnisse einkaufen, ist ziemlich traurig. Schmid und Wichmann zeigen unvoreingenommen und ohne zu verurteilen eine Welt des schönen Scheins, in der auch der schwarze Gärtner eine Tages gerne leben würde. Grafisch toll gestaltet, schaltet der Film zwischen den drei Beispielen hin und her und inspiziert den Nährboden für ein stetig wachsendes Geschwür unserer globalen Gesellschaft.

Anlässlich des Themenabends "Private Paradiese" sendet arte Montag, den 30. Mai 2011 um 20.15 Uhr Jaques Tatis "Mein Onkel" und anschließend um 22.00 Uhr die Dokumentation "Auf der sicheren Seite".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.