Atomkonzept der Bundesregierung: Die grüne Basis begehrt auf
Der Parteivorstand der Grünen warnt die Basis vor einer Ablehnung der Atomgesetz-Novelle. Gegen diese Vorgabe aber formiert sich Widerstand.
BERLIN taz | Der Grünen-Vorstand warnt die Parteibasis vor der Außenwirkung einer Ablehnung der Atomgesetz-Novelle. Eine grüne Ablehnung der Sofortabschaltung von acht Atomkraftwerken und der Rücknahme der Laufzeitverlängerung "wäre gesellschaftlich schwer zu vermitteln", heißt es in einem Vorstandspapier, das der taz vorliegt. "Wir erleben jetzt schon, dass eine Ablehnung als parteipolitisches Klein-Klein wahrgenommen wird."
Das Schreiben sei über die Kreisverbände an die Parteimitglieder verschickt worden, bestätigte am Mittwoch eine Parteisprecherin der taz. In dem Papier führt der Vorstand auch die "Bindungswirkung" einer Zustimmung an. Eine weitere 180-Grad-Wende sei für die Regierungskoalition "auch unter veränderten Bedingungen dann nicht mehr vermittelbar, und damit käme sie auch nicht mehr durch." Zudem sei der Ausstieg ein Erfolg der Grünen, heißt es in dem Schreiben weiter.
"Nichts macht diese Niederlage von Schwarz-Gelb deutlicher und ist demütigender für die Merkel-Union, als sie zu zwingen, mit den Grünen gemeinsam in einer Abstimmung das Ende der Atomkraft zu besiegeln", steht es in dem Papier. Eine Zustimmung der Grünen "macht die Niederlage von Merkel und den Atomkonzernen perfekt."
Kurz vor dem Sonderparteitag formieren sich innerparteiliche Kritiker am Kurs der Parteispitze. "Ich werde dem Vorschlag des Parteivorstands, das Atomgesetz der Regierung mitzutragen, nicht zustimmen", sagte Matthias Schneider, der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Energie, der taz. "Und die übergroße Mehrheit in der Partei sieht das genauso."
Die BAG Energie ist ein Parteigremium, das rund 50 Energieexperten aus den Landesverbänden versammelt und Vorstand wie Partei berät. In dem Änderungsantrag, den die BAG Energie auf dem Sonderparteitag am Samstag einbringen will, heißt es: Ein Ausstieg 2017, den die Grünen noch im März beschlossen haben, sei technisch und rechtlich machbar. "Diesem Datum muss die Bundesregierung entgegen kommen."
Die Grüne Jugend wird auf dem Parteitag ebenfalls für den schnelleren Ausstieg werben. Die strittige Atomgesetz-Novelle sei "inakzeptabel und nicht zustimmungsfähig", heißt es in einem eigenen Änderungsantrag. Die Regierung plant die stufenweise Abschaltung der Atomkraftwerke bis 2022. Der Grünen-Vorstand empfiehlt der Basis in seinem Leitantrag zum Parteitag, diesem Gesetz zuzustimmen.
Leser*innenkommentare
Wolfgang Banse
Gast
Basis muss sich durchsetzen
Die Grünen verlieren an Glaubwürdigkeit,Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit wenn sie die Atomgesetz Novelle zustimmt.Der Parteivorstand er Grünen besitzt nicht die Legitimität für die Basis zu sprechen,die die Atomgesetz Novelle ablehnt.
Der Wille der Basis sollte der Parteivorstand Rechnung tragen,auch im Bezug auf anstehende Wahlen.
Von einem Höhenrausch kann es zu einem Absturz kommen
Bernd
Gast
Willkommen im Lager der Etablierten, lieber Grünen-Vorstand. Was ist denn das für eine Denke? Es geht doch nicht darum, Frau Merkel oder der CDU eine Niederlage beizubringen Ziel der Politik sollte sein, Schaden abzuwehren und Nutzen zu mehren. Und zwar für den "Shareholder", also uns alle.
Aufgrund des enormen Schadenpotenzials der Kernenergie, hätte man die nie politisch akzeptieren dürfen. Nachdem der Fehler nun deutlicher klar wird, muss das Ziel eine möglichst schnelle Abschaltung aller Anlagen sein sein. Das scheint mir in dem Kompromiss noch lange nicht erreicht. Die Basis der Grünen darf und - muss sogar - kritisch bleiben. Sonst bräuchte man sie nicht.
frei
Gast
2017 oder 2018 werden die neoliberalen Kräfte um des Profites willen versuchen, wieder den Aussieg vom Ausstieg in Deutschland durchzusetzen. Das ist schon mal klar. Verzögerung um jeden Preis heißt die Taktik. Dieses Nukleargesetz ist ein Witz, genauso wie die korrumpierten Funktionäre der Grünen. Rheinland-Pfalsz hat wieder mal gezeigt, dass Grüne Funktionäre inzwischen jeden Mist mittragen, Hauptsache Dienstwagen.
Die letzte Chance für die Basis der Grünen ist der Sonderparteitag. Danach sind die Grünen ansonsten nur eine weitere Partei, die für gar nichts mehr steht und die kein mensch braucht.
Hauke Laging
Gast
"Ich werde dem Vorschlag des Parteivorstands, das Atomgesetz der Regierung mitzutragen, nicht zustimmen", sagte Matthias Schneider, der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Energie, der taz. "Und die übergroße Mehrheit in der Partei sieht das genauso."
So, so. Der liebe Matthias scheint über Informationsquellen zu verfügen, die dem Rest der Partei nicht zur Verfügung stehen. Ich kann mich über seine Einschätzung nur wundern. Lassen wir uns mal überraschen.
Dass die Fachpolitiker lieber die reine Lehre durchziehen, ist klar. Dass die Partei insgesamt kompromissbereiter ist als sie, aber auch. Und dass die Grüne Jugend den Aufstand probt, hat nun wirklich nichts zu bedeuten (erst recht nicht für die Abstimmungsergebnisse) – wann tut sie das mal nicht?
NaBoHi
Gast
Was spricht denn gegen eine Enthaltung?
aw_ms
Gast
Lest Euch den Antrag des Bundesvorstandes genau durch!
Der besteht zu 95% aus schlüssigen Argumenten, die belegen, dass man/frau als Grüne/r diesem Gesetz nicht zustimmen kann.
Nur in ein paar Zeilen wird ohne irgendeinem greifbaren Argument dann gefolgert, da durch dieses schlechte Gesetzt ein paar AKW's abgeschaltet werden, muss diesem zugestimmt werden.
Als wenn die vorher angeführten Argumente sich in Luft aufgelöst hätten.
Also um was geht es denn hier?
Hat der Bundesvorstand der Grünen Angst vor schlechter Presse?
Will man/frau sich den Platz an Merkels Kaffeetafel nicht verscherzen?
Soll also die schwarz/grüne Option offen gehalten werden?
Pure Taktik, deren Sinn wir nur noch nicht erschließen können?
Fragen über Fragen eines verstörten Grünen.
PS:
Merkel hat
die CDU/CSU entmannt,
die SPD ausgewrungen,
die FDP pulverisiert
und die Grünen .... entkernt ?!?