Wo ist das afrikanische Kino?

Mein größter Wunsch wäre, dass Professor Grzimek endlich die Deutungshoheit über unser Afrika-Bild verliert.

Deutschlands beliebtester Fernsehtierschützer starb vor bald dreißig Jahren. Doch noch immer dient seine Haltung als offenbar nie versiegende Inspirationsquelle für die Drehbuchautorinnen hiesiger Afrika-Geschichten. Grzimek galt der Mensch – also der Afrikaner – als Eindringling in eines der letzten Paradiese der Erde, der mit seinen Kriegen, Krankheiten und urbanen Zivilisationsgelüsten immer nur stört bzw. zerstört.

An dieser Wahrnehmung wird die bevorstehende WM in Südafrika nicht viel ändern, erwartet uns doch vor allem ein von westlichen Reportern vermittelter Blick auf Afrika. Es sei denn, in einer Art Nebenwir kung würde ein weißer Fleck auf der Landkarte „entdeckt“ – nämlich der skandalöse und dramatische Mangel an Bildern und Filmen aus Afrika selbst.

Bislang wird das allmähliche Absterben des afrikanischen Kinos, das fast vollständige Verschwinden medialer Selbstdarstellung aus Afrika eher wie ein trauriges Naturereignis wahrgenommen. Dabei bräuchte es ja nicht viel mehr als eine kleine Revolution, um zu begreifen, dass es weniger um „unser“ Afrika-Bild geht als um die Medien- und also Bilderproduktion in Kinshasa, Maputo, Kampala oder Ouagadougou. Die Anliegen und Forderungen der afrikanischen Filmschaffenden sollten im Medienzeitalter nicht länger wie ein kulturpolitisches Dessert behandelt werden. Denn sie verdienen es, mit gleicher Dringlichkeit wie Brunnenbau oder medizinische Grundversorgung auf die Agenda gesetzt zu werden. Hier wie dort.

DOROTHEE WENNER ist die Berlinale-Beauftragte für die Afrika-Sektion des Forumfilms