Diskussion nach Feldzerstörungen: Linke Bauern: Gentechnik ist Gewalt

Eine Ökobauernorganisation reagiert auf Kritik nach Zerstörungen von Gentech-Feldern: Verunreinigungen konventioneller Pflanzen zuzulassen, sei auch Gewalt.

Kerstin Schmidt von der Firma Biovativ mit gentechnisch veränderten Kartoffeln in Sagerheide bei Rostock. Bild: dpa

BERLIN taz | Nach Kritik an der Zerstörung von Gentech-Feldern hat die Arbeitgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) auch den Verantwortlichen für die Freisetzung von Genpflanzen Gewalt vorgeworfen.

Risikobehaftete "gentechnisch veränderte Pflanzen freizusetzen und damit Verunreinigungen bewusst in Kauf zu nehmen und begründete Argumente der Ablehnung seitens Bürgern, Bauern und Wissenschaftlern beiseite zu schieben ist auch eine Art von Gewalt", schrieb die AbL in einer E-Mail an die taz.

Zwar ergänzte die ökologisch orientierte Organisation: "Feldzerstörungen sind keine Bauernsache." Einen Wachmann einzusperren und ihm das Handy wegzunehmen – wie laut Polizei bei den Feldzerstörungen am Wochenende in Mecklenburg und Sachsen-Anhalt geschehen – seien eine Sache. "Aber die AbL findet, es muss diskutiert werden, von wem die Gewalt ausgeht."

Zu dieser Debatte gehört für den Verband auch, dass er gemeinsam mit anderen Organisationen bei den Genehmigungsbehörden Einspruch gegen den Antrag für den nun zerstörten Freisetzungsversuch mit Weizen eingelegt. Begründung: Die Universität Rostock habe einen Großteil der sicherheitsrelevanten Teile aus einem zehn Jahre alten Antrag der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich kopiert, ohne dies zu kennzeichnen.

"Aus bäuerlicher Sicht" unsinnig

"Auch die Risikobewertung der Antragstellerin beruht auf 10 Jahre alten Kenntnissen." Dabei verlange das Gentechnik-Gesetz, dass die Risikobewertung und die daraus folgenden Sicherheitsvorkehrungen dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechen müssen. "Der Versuch ist damit wissenschaftlich unseriös und nicht genehmigungsfähig gewesen." Bereits gegen ähnliche Versuche 2009/2010 hätten 130 Unternehmen und Organisationen einen Einwand gestellt.

Dennoch sei das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit diesen Argumenten nicht gefolgt "und hat trotz mangelnder Datenlage den Versuch genehmigt", erklärte die AbL weiter. Die Landesbehörden von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt seien ebenfalls nicht eingeschritten.

Dabei sei der Feldversuch "aus bäuerlicher Sicht" unsinnig. Denn es gebe schon genug herkömmliche Weizensorten, die das könnten, was der gentechnisch veränderte Weizen tun soll: resistent gegen die Pilzkrankheit Weizenflugbrand sein.

Inge Broer von der Uni Rostock wies die Vorwürfe zurück. Es stimme zwar, dass Teile des Antrags von der ETH Zürich übernommen worden sein. "Aber da muss man nicht die Quelle angeben, weil es ja keine Publikation ist, sondern ein Antrag bei einer Behörde". Bei dem Versuch habe die Uni Rostock mit der ETH zusammengearbeitet. Diese habe auch die Samen zur Verfügung gestellt.

Anders als bei früheren "Feldbefreiungen" hatten die Zerstörer von Gentech-Äckern im mecklenburgischen Sagerheide und im sachsen-anhaltischen Üplingen ihre Tat nicht vorher angekündigt. Stattdessen rissen sie die Pflanzen nachts aus. Die Grünen im Bundestag distanzierten sich von den Aktionen.

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