Korruptionsvorwürfe gegen Bouffier: Unter Filz-Verdacht
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) soll an die Firma eines Parteifreunds Landesaufträge vergeben haben. Die Opposition fordert eine lückenlose Aufklärung.
WIESBADEN taz | Hessen diskutiert über einen möglichen Korruptionsskandal. Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Nany Faecer, spricht von einem "Vergabesumpf". Die Grünen sehen "schwarzen Filz" im Innen- und Finanzministerium sowie in der Staatskanzlei von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).
In der Sache geht es um die freihändige Vergabe von Landesaufträgen für Digitalfunkprojekte im Gesamtwert von rund 350.000 Euro in den Jahren 2008 bis 2010. Auftragnehmer: das Ingenieurbüro Dr. Richard Georgi. Dieser war seinerzeit gerade Bürgermeisterkandidat der Seligenstädter CDU.
Der Auftraggeberin, der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) – eine dem Finanzministerium angegliederte Behörde - war der Unionsstadtrat Georgi wärmstens empfohlen worden. Und zwar von seinem lokalen Parteifreund Michael Bußer. Der war damals Sprecher von Innenminister Bouffier und ist heute sein Regierungssprecher.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte am Freitag den 2010 schon einmal ruchbar gewordenen Skandal mit neuen Fakten angereichert. Demnach machte sich auch Bouffier selbst in Schreiben und E-Mails für Georgi, den "ausgewiesenen Fachmann im Bereich Digital- und Nachrichtentechnik", stark. Doch damit noch nicht genug der Wohltaten für den Parteifreund.
Im Juni 2009 bewarb sich Georgi auf die Stelle "Leiter des Referats V" (Telefon- und Fernmeldeanlagen) im Innenministerium - und erhielt den Zuschlag. Andere Bewerber sahen Georgi wegen der Auftragsvergabe bevorzugt behandelt und erhoben Konkurrenzklage. Ein Jahr lang traf man sich vor Gericht. Die Klagen wurden letztendlich abgewiesen.
Die Oppositionsparteien im Landtag fordern jetzt von der Landesregierung unter Bouffier "lückenlose Aufklärung". Die Zeit des "Nebelkerzenwerfens" (Grüne) sei vorbei. Die SPD sieht Bürgerinnen und Bürger und auch das Parlament "bisher falsch informiert".
Leser*innenkommentare
Ralf
Gast
Heult doch net rum. Seit Jahren regiert die CDU in Hessen so und wird für diese "Kontinuität des Regierens" auch permanent wieder gewählt. "Vor Gericht und auf hoher See bist du allein in Gottes Hand", deswegen das "C" in CDU. Wer so dreist bescheisst brauch jede mögliche Unterstützung. Klappt wohl ganz gut. Änderungen geschehen nur bei Wahlen und jedes Volk bekommt die Politiker die es verdient.
heinz
Gast
350.000 €
Oh wie viel.
Aber es geht ums Prinzip und das schreit das Gesicht dieses MP heraus. Ein Verbrecher vor dem Herren.
Es empfiehlt sich, tiefer zu bohren.
aurorua
Gast
Solche Dinge sind doch seit Jahrzehnten die Regel, traurig allerdings ist, dass sich unsere Demokratie darin erschöpft das solche Vorgänge zwar gelegentlich in die Öffentlichkeit gelangen, die Drahtzieher aber davon kommen.
Auf solche und andere korrupte Machenschaften müssten hohe Haftstrafen stehen, sofortige Entfernung aus dem Amt, Streichung aller bis dahin erworbenen Pensionsansprüche, sowie die Haftung mit dem Privatvermögen für entstandenen Schaden.
Typisch
Gast
Das ist ja bald wie bei der NPD
Landes aufträge
Gast
Wie lang war die Liste von grünen und SPD-Abgeordneten die nie wieder geheime Verträge (ausser Geheimdienst und vielleicht bestimmte Militär-Ausgaben) erlauben würden ?
Wo war die Liste der Grünen Minister die offene Bücher und (Internet-)Ausschreibungen im Ministerium führen ?
Tja. Schade das anscheinend kein Minister überhaupt sparen will.
Die Welt wies darauf hin, das Pöstchen in Griechenland früher per Los entschieden wurden. Man müsste also Mindestkriterien festlegen und die Bewerber sind unbekannt und wenn man 5 (nachweislich!) geeignete Bewerber beisammen hat, wird davon einer zufällig ausgelost.
Seinen Busfahrer, Taxifahrer, Flugzeug-Kapitän, Supermarkt-Kassierer kann man sich ja auch nicht aussuchen.
Vor tausend Jahren als es noch kein Internet gab, war direkte Pöstchenvergabe vielleicht nötig. Heute hingegen kann man die ersten Bewerbungs-Wellen für alle Posten (Schuldirektor usw.) problemlos anonym laufen lassen und per anonymen offenen Chat-Fragen (ruhig über mehrere "Runden" mit verschiedenen Stakeholdern) die Eignung testen. Danach wird gelost. Die starre Bindung an schriftliche Zertifizierungen erleichtert sowas in Verwaltungen und Behörden endlos. Als Minister muss man hingegen niemals an der Waffe gedient oder jemals Steuern gezahlt haben, um Zilliarden ausgeben oder Militär-Minister sein zu dürfen.