Dönermesse in Berlin: Das wird ja immer Döner!

In Berlin findet an diesem Wochenende die Dönermesse statt. Fünf Fragen und fünf Antworten zu Deutschlands beliebtestem Fastfood-Snack.

Fetttriefende Fleischschichten am Spieß - der Döner ist fester Bestandteil der deutschen Esskultur und der Currywurst weit überlegen. Bild: ap

BERLIN taz | Biotrend und Gammelfleischskandalen zum Trotz: Täglich landen 3,1 Millionen Döner in den Mägen der Deutschen. Zum zweiten Mal nach 2010 bittet die Dönerbranche deshalb zur Leistungsschau. War die "Kontaktmesse der Döner-Gastronomie" im letzten Jahr nur für Fachbesucher geöffnet, dürfen an diesem Sonntag auch ganz normale Dönerfans mitmischen. Zum Beispiel beim großen Dönerwettessen. Magenschmerzen sind da programmiert - trotzdem guten Hunger!

Wo kommt der Döner her?

Der Döner stammt - wen wundert's? - aus der Türkei, genauer gesagt aus Anatolien. Mitte des 19. Jahrhunderts kam der Legende zufolge ein Koch namens Hamdi Usta in der Kleinstadt Kastamonu auf die Idee, mariniertes Lammfleisch an einem vertikal aufgestellten Spieß zu grillen. Er schnitt das Fleisch in dünne Scheiben, garnierte es mit Reis und Salat und verkaufte das Essen auf dem Marktplatz.

Ein Vierteljahrhundert später wurde der Döner in Bursa ein zweites Mal erfunden: Beim Iskender Kebab wird das Grillfleisch mit Joghurt und geschnittenem Fladenbrot serviert. Aber kamen nicht nur die Türken auf die Idee mit dem Drehspieß: Die nächsten Verwandten des Döners sind das griechische Gyros, für das Schweinefleisch verwendet wird, und das arabische Schawarma, das meist aus Geflügelfleisch hergestellt wird.

Wer isst Döner?

Der Döner war lange Zeit kein Allerweltsessen, sondern eine aufwändig hergestellte Delikatesse. Serviert wurde er als klassisches Tellergericht. Die Idee, den Döner als handlichen Snack für unterwegs zu verkaufen, hatte der türkischstämmige Imbissbetreiber Kadir Nurman vor fast 40 Jahren, 1972, in Berlin. Damals verkaufte er den Döner in handelsüblichen Brötchen, nur mit rohen Zwiebeln und Blattsalat. Nurmans Laden in der Nähe vom Bahnhof Zoo wurde zunächst hauptsächlich von türkischen Gastarbeitern besucht, bevor sich der Döner in den 1980er Jahren bei den übrigen Berlinern durchzusetzen begann.

Von Berlin aus hat er sich über die Jahre erst in Europa - Polen, Frankreich, Spanien, Niederlande - und dann weltweit verbreitet. Durch den Koch des Goethe-Instituts hat es der Döner bis nach Vietnam geschafft, auch in Seattle an der amerikanischen Pazifikküste kann man Döner kaufen. Sogar in der Türkei wird der Döner immer öfter in der Berliner Variante "to go" über die Theke gereicht.

Was macht den Döner aus?

Vier bis fünf Scheiben mageres Muskelfleisch von Lamm und Kalb werden im Wechsel mit jeweils einer Lage Gewürzmischung und fettem Fleisch aufeinander geschichtet, bis der handelsübliche Zwanzig-Kilogramm-Spieß fertig ist. Auch Hackfleisch aus weniger appetitlichen Stücken wird für den Döner verwendet, wobei der Anteil dieser Fleischabfälle nicht mehr als 60 Prozent ausmachen sollte.

Wer das eklig findet: Traditioneller, nur aus Scheiben hergestellter Döner wird als Yaprak Döner unter die Leute gebracht. Nach der BSE-Krise 2001 kamen auch Hühner- oder Putenfleischdöner in Mode. "Das ist eigentlich ein Verstoß gegen die reine Dönerlehre", sagt Erdal Balli, der seit 1988 im Dönergeschäft tätig ist, "aber ich bin da nicht so konservativ: Wenn die Leute einen Geflügeldöner haben wollen, sollen sie ihn auch kriegen."

Balli selbst verkauft nur den klassischen Döner - und fährt gut damit: Seine Familie betreibt in Berlin acht Dönerläden. Welches Fleisch auch immer ins Brot kommt: Um das Ganze optisch aufzupeppen und dem Döner eine frische Note zu geben, kommen Zwiebeln, Tomate, Salat und Rotkohl obendrauf - und natürlich spielen die Soßen eine Rolle. Knoblauch, scharf und Kräuter sind die gängigen Varianten, wobei die Kräutersoße nur was für Weicheier ist.

Wer macht den Döner?

Bis in die 1980er Jahre wurden die Dönerspieße von den Imbissverkäufern in Eigenregie produziert - mittlerweile hat sich auch in dieser Branche die Massenproduktion durchgesetzt. Die 16.000 Dönerläden in Deutschland, die meisten davon Familienunternehmen, werden von etwa 250 Produktionsfirmen mit den tiefgefrorenen, in Frischhaltefolie eingewickelten Spießen beliefert. Im Verein türkischer Dönerhersteller in Europa, der auch die Dönermesse organisiert, sind rund 40 Betriebe organisiert. Während viele Imbisse unter der - besonders in Großstädten - harten Preiskonkurrenz leiden und die meisten Imbissbesitzer gerade so über die Runden kommen, sind viele Produktionsfirmen zu mittelständischen Unternehmen gewachsen.

Zwei Drittel der 600 Tonnen Dönerfleisch, die jeden Tag in Europa verspeist werden, stammen aus Deutschland. Im letzten Jahr setzte die Branche laut Angaben des Vereins der Dönerhersteller 3,5 Milliarden Euro um, von denen 2,7 Milliarden in Deutschland erwirtschaftet wurden. Marktführer in Deutschland und Europa ist die Kaplan Dönerproduktion GmbH, die an den zwei Standorten in Berlin und in Hamburg fast hundert Mitarbeiter beschäftigt. Insgesamt verdienen in Deutschland rund 60.000 Menschen ihr Geld mit Döner.

Wo geht der Döner hin?

Die Hersteller wollen den Döner aus der Schmuddelecke holen, die Branche spürt noch immer die Nachwirkungen der Gammelfleischskandale von 2005/ 2006. Am Dönerstand ist es wie beim Zahnarzt: Man muss auf die Fähigkeiten des Fachmanns und die Qualität seiner Arbeit vertrauen können. Um diesen - mitunter langwierigen - Prozess zu erleichtern, will der Verein ab November mit der Einführung eines Döner-Gütesiegels beginnen.

Dieses sollen sich nur jene Imbissbetreiber auf die Bude pappen dürfen, die ein Hygieneseminar des Vereins bestanden haben. Auf dem Lehrplan sollen die gesundheitlich unbedenkliche Lagerung, Zubereitung und Ausgabe des Döners stehen. So sollen neue Käufer angesprochen werden, die sich bisher vom Billigimage des Döners haben abschrecken lassen, und quasi als Nebenprodukt kleine Preissteigerungen durchgesetzt werden.

Die Döneresser sind sehr preisempfindlich, deshalb geht auch der Biotrend bisher an der Branche vorbei: "Wir haben keine Chance, für ein Bioprodukt einen angemessenen Preis zu erzielen", sagt Tarkan Tasyumruk, der Vereinsvorsitzende, "ein Döner mit Biofleisch müsste mindestens fünf Euro kosten." Bislang bekommt man seinen Döner für zwei bis vier Euro, je nachdem ob man in Berlin oder in München wohnt.

Der Verein geht davon aus, dass in Zukunft die Geflügelfleischdöner dem klassischen Döner noch mehr Konkurrenz machen werden; derzeit besteht ein Drittel der Spieße aus Hühner- oder Putenfleisch. Als technische Innovation steht die Einführung eines vollautomatischen Schneideroboters auf dem Programm, damit die Säbelei an den Spießen nicht mehr zum schweißtreibenden Leistungssport wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.