„Die Bundeswehr ist heute bunt“

MIGRATION Dass Soldaten einen Vorgesetzten nichtdeutscher Herkunft gequält haben sollen, ist nicht symptomatisch für die Bundeswehr, sagt Oberleutnant Dominik Wullers

■ 29, ist stellvertretender Vorsitzender von „Deutscher Soldat e. V.“, einem Verband von Soldaten mit Migrationsgeschichte. Sein Vater ist Kapverdianer.

INTERVIEW DANIEL BAX

taz: Herr Wullers, was wissen Sie über den Zwischenfall auf einem Bundeswehr-Schnellboot im Hafen von Beirut? Dort sollen mindestens vier Marinesoldaten einen Vorgesetzten gefesselt und gequält haben.

Dominik Wullers: Wir verfolgen den Fall natürlich aufmerksam. Wir können ihn aber noch nicht bewerten.

Die Bundeswehr hat ein ausländerfeindliches Motiv jetzt schon ausgeschlossen. Wie finden Sie das?

Zusammenhalt und Integration haben in der Bundeswehr einen höheren Stellenwert als anderswo. Wir haben deshalb keinen Grund zu der Annahme, dass das Verteidigungsministerium unwahre Informationen heraus gibt.

Die vier Täter wurden nach Deutschland zurückgeschickt, der Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben. Reicht das?

Nach dem Wehrstrafgesetz werden Angriffe auf Vorgesetzte mit einer Freiheitsstrafe von mehreren Monaten bis zu mehreren Jahren bestraft. Ich habe volles Vertrauen in die Institutionen der Bundeswehr und den deutschen Rechtsstaat, dass dieser Fall konsequent verfolgt wird.

Ist Rassismus in der Bundeswehr ein Problem?

Rassismus ist in der gesamten Gesellschaft ein Problem. Er wird in der Bundeswehr aber konsequent verfolgt. Natürlich bin ich auch in der Bundeswehr schon mal Rassismus begegnet – aber deutlich weniger als sonst in der Gesellschaft. Die Bundeswehr ist meines Wissens auch die einzige Institution, die mit dem MAD einen eigenen Geheimdienst unterhält, der rechtsradikale Gesinnungen verfolgt. Diese werden auch entsprechend geahndet.

Seit wann und warum gibt es Ihren Verband?

Wir haben uns 2010 gegründet, als Thilo Sarrazin das Stereotyp vom prügelnden, radebrechenden Migrantenjugendlichen verbreitete und dafür viel Applaus bekam. Wir als Soldaten haben geschworen, dieses Land mit unserem Leben zu verteidigen – und waren uns einig, dass wir das so nicht stehen lassen konnten, sondern dem etwas entgegensetzen mussten.

Wie hoch ist der Anteil von Soldaten mit Migrationshintergrund in der Bundeswehr?

Der Anteil entspricht in etwa dem gesellschaftlichen Durchschnitt.

Solche Fälle wie jetzt nähren doch den Eindruck, die Bundeswehr habe ein gravierende Rassismus-Problem.

■ Auf einem Schnellboot der Marine in Beirut ist ein vorgesetzter Bootsmann von mehreren Obermaaten angegriffen worden. Das Einsatzführungskommando in Potsdam bestätigte am Dienstagabend den Vorfall, der sich bereits am 15. Februar auf dem Schnellboot „Hermelin“ im Hafen von Beirut zugetragen hatte. Der Bootsmann sei aus seiner Koje gezogen, mit Tape und einem Spanngurt auf einem Tisch fixiert und anschließend am Bein bemalt worden. Dem Deutschen thailändischer Herkunft sollen die Täter die Worte: „Hier wohnen die Mongos“ auf die Haut geschrieben haben. Die vier Soldaten wurden nach Angaben des Einsatzführungskommandos nach Deutschland zurückgeschickt. Gegen weitere Soldaten werde noch ermittelt. (dpa)

Das stimmt. Wir haben als Verband Umfragen unter Migranten gemacht und dabei festgestellt, dass etwa in manchen muslimischen Gemeinden diesbezüglich noch viele Vorurteile über die Bundeswehr vorherrschen. Aber die Bundeswehr hat sich gewandelt: sie ist heute bunt.

Was hat Sie persönlich zur Bundeswehr verschlagen?

Meine Familie ist eher pazifistisch. Ich dagegen habe mich schon früh für die Armee interessiert und mich auch ein wenig aus Trotz für den Wehrdienst entschieden. Die Bundeswehr hat mir geholfen, Selbstbewusstsein und Ehrgeiz zu entwickeln und meinen Platz in der deutschen Gesellschaft zu finden.

Betrachten Sie die Bundeswehr also gar als ein Vorbild?

Die Bundeswehr bemüht sich. Klar gibt es, wie überall, Fehler und Unzulänglichkeiten. Aber ich würde schon sagen, dass sie teilweise Modellcharakter hat.