Überschwemmung in Thailand: Flut droht nun auch Bangkok

In Thailand herrscht die schlimmste Flut seit 50 Jahren. Ein Drittel des Landes wurde zum Katastrophengebiet erklärt. Nun schwindet auch in der Hauptstadt die Hoffnung.

Überflutung ausgeweitet: Das Militär evakuierte Gebiete am Stadtrand Bangkoks. Bild: dpa

BANGKOK taz | Die vorsichtige Entwarnung kam zu früh: Zunächst hatten Thailands Behörden erklärt, es sehe so aus, als ob Bangkok von den massiven Überschwemmungen verschont bleiben würde.

Doch dann wartete der Gouverneur der Hauptstadt, Sukhumbhand Paribatra, mit den denkbar schlechtesten Nachrichten auf: Mit mehr als einer Million Sandsäcke müssten Dämme am nördlichen Stadtrand verstärkt werden - denn die Flutmauern drohten zu brechen. Bis Mittwochabend müssen die zusätzlichen Schutzmaßnahmen abgeschlossen sein. Sukhumbhand: "Jede Sekunde zählt."

Nun arbeiten Soldaten und zivile Freiwillige die Nacht durch. Zudem wurden am Dienstagabend für mehrere Distrikte in Provinzen nördlich und westlich der Hauptstadt weitere Evakuierungen angeordnet, weil dort Deiche gebrochen sind. Auch im Osten drohen weitere Fluten.

Schon Montagmittag hatte sich die Lage erneut zugespitzt: Da war bekannt geworden, dass die Wassermassen einen provisorischen Schutzwall im Industriepark Nava Nakorn in der nördlich von Bangkok gelegenen Provinz Pathum Thani durchbrochen hatten. Teils stehe das Wasser dort schon bis zu 1,30 Meter hoch, so ein Beobachter. Tausende Arbeiter und Anwohner aus Thailands ältestem Industriepark wurden sofort evakuiert.

"Es macht Freude zu helfen"

Als eine von etlichen Notunterkünften dient der in der Nähe liegende Rangsit-Campus der Thammasat-Universität, wo bereits Flutopfer vor allem aus den besonders betroffenen Provinzen Pathum Thani und Ayutthaya Zuflucht gefunden haben. "Trotz des ganzen Stresses - es macht Freude zu helfen", sagt Parinya Thewanarumitkul, Vizerektor der Thammasat-Universität und Nothilfe-Koordinator.

Dabei reichen die Turnhalle und ein paar Schlafsäle, die erst kürzlich eingerichtet wurden, für den Ansturm längst nicht mehr aus. Mittlerweile wurden die mindestens 3.800 Evakuierten ins Innere eines Konferenzgebäudes auf dem Campus verlegt.

Seit Beginn der Überschwemmungen im Juli starben mindestens 315 Menschen. Vor wenigen Tagen wurden 26 der insgesamt 77 Provinzen zum Katastrophengebiet erklärt. Neben Nava Nakorn sind vier weitere Industrieparks von Überschwemmungen betroffen. In Ayutthaya wurden Fabriken derart überflutet, dass sie vorerst stillgelegt wurden.

Hauptstadt auf Kosten der Provinz geschützt

Dass das Zentrum von Bangkok bisher verschont geblieben ist - dafür sorgt ein über die Jahre angelegtes, weit verzweigtes Netz aus Schutzwällen, Kanälen, Fluttoren und unterirdischen Tunnelanlagen.

Doch angesichts der jetzigen Katastrophe droht selbst dieses ausgeklügelte System zu kippen: Der Fluss Chao Phraya, der sich mitten durch die Hauptstadt zieht, erreichte bereits Rekordmarken von 2,39 Metern; an vielen Schutzdämmen fehlte nicht mehr viel. Unbefestigte Ufergebiete mit kleinen Holzhäusern, Restaurants und Märkten wurden bereits überschwemmt.

Kritiker haben wiederholt moniert, dass der Schutz der Hauptstadt Bangkok auf Kosten der umliegenden Provinzen gehe: Am Montag versuchten hunderte verärgerter Bewohner der Provinz Ayutthaya die Errichtung einer Sperre zu unterbinden, die den Abfluss des Wassers aus ihrem überschwemmten Gebiet verhindern sollte. Sie machten ihrem Zorn mit den Worten Luft: "Wir haben schon genug gelitten, um Bangkok vor den Fluten zu bewahren."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.