Amokläufer von Lüttich war vorbestraft: 33-jähriger sollte am Tattag zum Verhör

Am Tag des Amoklaufs war der Täter zur Polizei vorgeladen. Er ist wegen Waffenbesitz und Cannabis-Anbau vorbestraft. Sein Motiv könnte Rache an Polizei und Justiz gewesen sein.

Die Bevölkerung in Lüttich trauert um die fünf Opfer des Amoklaufs. Bild: dpa

BRÜSSEL dpa/dapd/taz | Lütticher Bürger haben am Tag nach dem Amoklauf der Opfer mit Blumen gedacht. Sie legten an der Bushaltestelle im Zentrum, wo Menschen von Kugeln und Granatsplittern getroffen wurden, mit Tränen in den Augen Rosen nieder. "Lasst uns Lüttich als Stadt des Friedens leben", war auf einem Zettel zu lesen. Aber viele Lütticher sagten, sie fühlten sich nicht mehr sicher.

Nach den Angaben der Staatsanwaltschaft hat der Amokläufer von Lüttich am Dienstag vier Menschen getötet und sich selbst das Leben genommen. Nach den Erkenntnissen der Polizei begann der Amoklauf bereits am Dienstagmorgen: Der Täter Nordine Amrani hat laut Staatsanwältin zuerst die 45 Jahre alte Putzfrau des Nachbarn in einem Schuppen mit Kopfschuss getötet. Zuvor hatte es geheißen, die tote Frau sei die Putzfrau des Täters gewesen.

Danach habe er vier Granaten auf eine Bushaltestelle in der Innenstadt geworfen. Dort starben ein Kleinkind von 17 Monaten sowie zwei Schüler von 15 und 17 Jahren. Kurz danach richtete sich Amrani selbst mit einem Revolver. Eine 75-jährige Frau, die zunächst für tot erklärt worden war, habe überlebt, sagte die Staatsanwältin.

125 Verletzte, fünf Opfer in kritischem Zustand

Nach neuesten Zahlen sind 125 Menschen verletzt, von denen ein Viertel von Psychologen betreut werden. Fünf Menschen befänden sich noch in einem kritischen Zustand. Unter ihnen sind die 75-Jährige, die am Vortag für tot erklärt worden war und ein 20-Jähriger, der am Kopf operiert worden sei.

Der Amokläufer von Lüttich war am Tag seiner Tat bei der Polizei vorgeladen. Amrani habe möglicherweise "Angst gehabt, wieder ins Gefängnis gebracht zu werden", sagte die belgische Innenministerin Joëlle Milquet am Mittwoch im Rundfunk. Das Motiv des Täters ist laut Staatsanwaltschaft weiterhin unklar, einen Abschiedsbrief hinterließ er nicht. Der 33-Jährige war 2008 wegen Waffenbesitzes und Anbau von Cannabis zu einer Freiheitsstrafe von knapp fünf Jahren verurteilt worden, inzwischen aber wieder auf freiem Fuß.

Vorladung wegen Verdacht auf Sittlichkeitsvergehen

Laut Innenministerin Milquet war Nordine A. für 13.30 Uhr bei der Lütticher Polizei vorgeladen. Er sei vorgeladen worden, weil er unter dem Verdacht eines Sittlichkeitsverbrechens gestanden habe. Im November seien erstmals seit seiner Freilassung aus dem Gefängnis im Oktober 2010 Vorwürfe gegen den 33-jährigen Nordine Amrani bekannt geworden, sagte die Lütticher Staatsanwältin Danièle Reynders am Mittwoch.

Es handle sich um den Vorwurf von Sittlichkeitsverbrechen, der am 13. November "in Form einer Klage gegen X" eingegangen sei. Die Staatsanwältin nannte keine Einzelheiten. Laut einem Bericht der belgischen Zeitung Le Soir bezog sich die Klage auf "Berührungen". Laut Reynders konnte Amrani nach dem Eingang der Klage aufgrund eines am Tatort gefundenen Nummernschildes identifiziert werden.

Deshalb sei er am Dienstag um 13.00 Uhr bei der Polizei vorgeladen gewesen. Anstatt dort zu erscheinen, zündete der 33-Jährige jedoch gegen 12.30 Uhr vier Granaten auf dem zentralen Platz von Lüttich, unqweit des Gerichtshofs, und schoss in die Menschenmenge. Am Mittwoch wollten die Menschen in Lüttich der Schreckenstat mit einer Schweigeminute gedenken.

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