Ölkatastrophe vor Nigeria: Shell versaut den Atlantik

Zehntausende Barrel Öl fließen aus einem Shell-Ölfeld ins Meer statt in die Leitungen. Die Katastrophe ist so schlimm, dass sogar die nigerianischen Politiker sauer sind.

Immer wieder für Skandale gut: Shell in Nigeria. Bild: AP

LAGOS taz | Shell soll endlich zahlen. Das hat der nigerianische Senat am späten Donnerstagnachmittag gefordert und will somit die Gangart gegenüber den Ölmultis verschärfen. Auslöser dafür ist die vermutlich größte Ölkatastrophe vor der nigerianischen Küste seit 1998: Vom Ölfeld Bonga - benannt nach einer Fischart - sollen Mitte der Woche 30.000 bis 40.000 Barrel Öl ins offene Meer geflossen sein.

"Shell muss sofort alle notwendigen Maßnahmen ergreifen und uns finanziell entschädigen", hat Bukola Saraki, Senator und Vorsitzender des Komitees für Umwelt und Ökologie, dem nigerianischen Radiosender Voice of Nigeria gesagt. Es ist eine ungewohnt deutliche Forderung an das multinationale Unternehmen. In Nigeria gibt es zwar bereits seit Jahren die staatliche Agentur Nosdra (National Oil Spill Detection And Response Agency), die über jede Ölhavarie genau Buch führen soll. Doch für die Politiker in der Hauptstadt Abuja ist das Nigerdelta, wo es fast täglich zu Ölaustritten kommt, in der Vergangenheit weit weg gewesen.

Für Umweltverschmutzung hat sich in Nigeria traditionell kaum jemand interessiert. Wer nicht selbst aus dem Delta kommt, war allenfalls genervt, wenn das Thema auch nur angesprochen wurde. Daher ist das Umdenken nun einigermaßen überraschend. Allerdings: Diese Vorgehensweise könnte Nigeria jede Menge Geld bringen.

Eine maßlose Untertreibung?

Der Umweltschutzorganisation ERA (Environmental Rights Action) um Nnimmo Bassey - für seinen Kampf um bessere Lebensbedingungen und gegen Umweltverschmutzung erhielt er im vergangenen Jahr den Alternativen Nobelpreis - gehen die Forderungen des Senats nicht weit genug. ERA vermutet, dass die von Shell angegebenen 40.000 Barrel, die in den Atlantik geflossen seien, eine maßlose Untertreibung darstellen.

"Das ist bereits bei früheren Katastrophen der Fall gewesen", so Bassey. Unverständlich ist für den prominenten Umweltschützer darüber hinaus: Erst im August hatte das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) eine mit Spannung erwartete Langzeitstudie zur Verschmutzung im Ogoniland durch Shell veröffentlicht. Es standen milliardenschwere Entschädigungsforderungen im Raum, die katastrophalen Bedingungen im Nigerdelta waren international ins Bewusstsein gerückt. "Und nun macht Shell einfach weiter und verschmutzt unsere Küste", so Bassey.

Das Unternehmen selbst hat mit Bedauern auf den Vorfall reagiert. In einer Pressemitteilung ließ Mutiu Sunmonu, Vorsitzender von Shell Nigeria, verkünden: Man sei sehr besorgt über den Vorfall und werde alles tun, um die betroffenen Gebiete so schnell wie möglich zu reinigen. Ohnehin sei der Ölfilm nur sehr dünn gewesen.

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