Jungen im Fokus

Soziales Fachleute erarbeiten Leitlinien für Jungenarbeit. Diese bietet „Männer zum Anfassen“

Erstmals gibt es in Bremen nicht nur Leitlinien für die Mädchen- sondern auch für die Jungenarbeit. Gestern stellte eine Arbeitsgruppe von Fachleuten vor, was sie in zweieinhalb Jahren erarbeitet hatten.

„Wir wollten die Jungenarbeit auf einen Standard bringen“, sagt Marc Abramowski, Gruppenleiter bei der St. Petri Kinder- und Jugendhilfe und Mitglied der Arbeitsgruppe. In der Ausbildung von LehrerInnen und SozialpädagogInnen würde das Thema immer noch zu sehr vernachlässigt. Eine Folge der Unwissenheit: Jungen gelten in Schulen als anstrengend, wenn sie durch Raufereien auf sich aufmerksam machen, laut sind oder schlechte Noten haben.

„Es ist ein differenzierter Blick nötig. Jungen haben häufig Probleme, über die sie nicht sprechen“, sagt Volker Mörchen, aus dem Bremer Jungenbüro. Dort können sich Jungen und ihre Eltern melden, wenn sie mit Problemen nicht weiterkommen oder das Kind Gewalt erfahren hat. In Beratungsgesprächen, sagt Mörchen, würden die Jungen häufig das erste Mal über Gefühle, Ängste, Probleme oder Sexualität reden. Vorher sei ihnen dazu keine Gelegenheit geboten worden.

Einzelgespräche könnten helfen, da in Gruppen oft die Hemmschwelle zu hoch sei, sagt Burkhard Jutz, Jungen-Coach an der Gesamtschule Ost und Berater bei „Männer gegen Männer-Gewalt“. Weil immer noch das traditionelle Männerbild des Starken, Lauten und Gewaltbereiten dominiere, sei es wichtig, Jungen in ihren davon abweichenden Stärken zu fördern.

Einig sind sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe – darunter auch Frauen – dass den Jungen ein realistisches Männerbild fehlt, eins „zum Anfassen“, wie es der Jungen-Coach Jutz nennt. Deshalb sei es wichtig, dass gerade männliche Betreuer Jungenarbeit leisten. „Die Jungen sollen reale Männer mit Schwächen und Stärken kennen lernen“, sagt Jutz. Kim Neubauer