Kolumne Die Kriegsreporterin: Großburgwedelsche Charmeoffensive
"Bild", "Bunte", Pippas Po, die Guttenbergs, die Biene Maja.
Irgendwie hatte ich mir so ein Bundespräsidentenleben immer anders vorgestellt. Ich hatte angenommen, da lässt man anrufen. Und wenn einer nicht da ist, lässt man ausrichten, man erwartet den Rückruf in den nächsten 60 Minuten. Und wenn man dann den Chefredakteur von Deutschlands größtem Drecksblatt dranhat oder den Vorstandsvorsitzenden, dann legt man die Stimme tief und sagt in einem Ton, der das Gegenüber sich ganz schnell fünf Jahre alt fühlen lässt, dass das so ja wohl nicht ginge.
Auch, wenn es sehr wohl geht, dass Unliebsames veröffentlicht wird. Unsere Bundespräsident gewordene Charmeoffensive aus Großburgwedel jedoch ist sich nicht zu blöd, die Contenance zu verlieren, und das auch noch einem Anrufbeantworter gegenüber! Noch dazu einem, der an die Redaktionsstuben des Landes angeschlossen ist. Ja, gepriesen seien die guten Verbindungen von Diekmann, der mal wieder so gar nichts für sich behalten mag und gleich die Kollegen informiert.
Das Nachsehen hat in solchen Fällen Patricia Riekel, Chefredakteurin der Bunten, die nur an die langweiligen Anrufbeantworter angeschlossen ist – Boris Becker, Rolf Eden, Christiane Neubauer, Joopie Heesters. Und die nun zusehen muss, wie ein von ihr aufgebautes "Glamourpaar" nach dem anderen abkackt. Nachdem sich Riekel schon von zu Guttenberg samt Gattin verabschieden musste, stellt sie nun nach Leibeskräften Papier zur Verfügung, denn "Der Bundespräsident und die First Lady kämpfen um die Ehre". Und, wie sie schreibt: "Wir können uns doch nicht alle so getäuscht haben."
Nein, können wir nicht. Manche waren die ganze Zeit bei klarem Verstand und haben nicht ihr Hirn ausgeschaltet, nur weil ein Politiker und seine Frau mal nicht hässlich wie die Nacht sind. Am Verstand darf man auch zweifeln, wenn die Bunte im Jahresrückblick schreibt: "Seltsam! In Monaco war die Hochzeit etwas getragener, in London spürte man mehr Spaß." Ja, das ist in der Tat unglaublich seltsam. Zum Wundern geradezu. Zumal, wenn man weiß, dass der Satz so weitergeht: "In London spürte man mehr Spaß … (inkl. Pippas Po)."
Da frage ich mich natürlich, wie die Riekel-MitarbeiterInnen in die Situation kamen, Pippas Po zu spüren, und auch, was das mit "Spaß" zu tun hat. Ich möchte mir jetzt alle Scherze über die Spaßmöglichkeiten von und mit Pippas Po verkneifen und einfach fragen, wie gestört die Leute bei diesen Blättern mittlerweile sind? Dass das, was sie machen, plemplem ist, ist bekannt. Aber wer so am Bodensatz kratzt, sollte dem nicht geholfen werden?
Sollten wir Medienleute, die wir noch halbwegs unsere Schrauben angezogen haben, ein Auffanglager eröffnen? Eine offene Gruppe für betreutes Denken? Schlichtweg, um die schlimmsten Entblößungen zu verhindern. Um Menschen vor sich selbst zu schützen und den kulturellen Niedergang der Presse aufzuhalten.
Auf der anderen Seite – auch meine Kräfte sind begrenzt. Das merke ich, wenn ich die Pressemitteilung der Filmproduktion teamWorx lese und zunächst gar nicht begreife, dass es zwei Filme sind, in denen Jan Josef Liefers 2012 mitspielt. Der eine heißt "Baron Münchhausen", der andere ist eine Satire um Karl-Theodor zu Guttenberg.
Über die Zukunft haben sich auch die Medienredakteure des Spiegels Gedanken gemacht und prophezeien einen Auftritt von Harald Schmidt als Biene Maja. Womit sie ziemlich danebenliegen. Wenn Schmidt auf einen Part passt, dann auf die Rolle desjenigen, der auch ständig mit zu langen Gliedmaßen zu kämpfen hat: Grashüpfer Flip. Und damit zurück nach Berlin!
Leser*innenkommentare
Tigerlilly
Gast
Wieder mal sehr schön beobachtet, verwertet und verwurstet - bitte. liebe Silke Burmester, klopp den alten eitlen Dumpfbacken von Meinungsmachern und Medienjunkies weiter mit soviel Verve auf die Finger! Dient schließlich einem edlen Zweck. Wer das nicht schnallt, ist selbst schuld.
franziska08
Gast
Komisch. Ich bekomme immer Gänsehaut, wenn von "Lagern" die Rede ist. Betreutes Denken"? Nur schlecht hinter der putzig-frechen Sprach-Fassade dieser Kolumne versteckt funkelt bedrohlich eine Welt, in der nur die Wahrheiten der Autorin gelten. All die Anderen müssen beim Denken in "Auffanglagern" betreut werden? Fröstel...
Geert Wahrlow
Gast
Frau Burmester will ihren Journalisten-Kollegen das Denken beibringen und den Niedergang der Presse stoppen. Soso. Mal wieder eine schöne Kolumne, die vor Besserwisserei, Überheblichkeit und Dreistigkeit nur so strotzt. Hoffentlich stoppt jemand die Frau Burmester auf ihrem Kreuzzug für die Gleichschaltung der Presse. Sonst müssen wir diesen Quatsch in Zukunft überall lesen...
Kurt Drummer
Gast
Treffer - versenkt. Genial wie immer!
polyphem.os
Gast
Osnabrücker Schamoffensive:
Ich mag nicht, dass Menschen grinsen, wenn sie mein KFZ-Kennzeichen sehen. Ich werde mein Auto woanders anmelden.
Andre La
Gast
Frau Burmeister: Bitte bleiben Sie der Front treu! und gestatten mir Ihres Artikels eingedenk ebenfalls dasJahr zusammenzufassen:
Ode an das Verstrichene 2011
Wulff Wulff Waff Waff
MaschMajAA
BuMM BuMM
EDEN
DEH ESS Kah
Gutti
Mutti
Merkel OH
Riekel BUNTE Klo
Joopi
Poopi
PippA
PO!
Immerhin hat mit letzerer bzw ihrem Posterior das Jahr doch noch etwas
Nach
Haltiges
im eigenen Sinne gehabt.
Fröhliches Neues Jahr!
vic
Gast
Es ist schon ok so, dass Bild und Bunte sind, wie sie sind. Das macht sie berechenbar.