Verbeamtung eines Muslimen gestoppt: Lehrer unter Islamismus-Verdacht

Ein Gericht in München hat die Verbeamtung eines muslimischen Lehrers gestoppt. Der Grund ist seine Mitgliedschaft in einem umstrittenen Verband.

Haben einen schwierigen Weg zur Verbeamtung: Muslimische Lehrer in Deutschland. Bild: dpa

FREIBURG taz | Der Münchener Lehrer Marwan Al-M. darf nicht Beamter werden. Das entschied Ende letzter Woche das Verwaltungsgericht München. Als Grund führte es an, Marwan Al-M. würde der islamistischen Muslimbrüderschaft nahestehen. Sein Anwalt Gert Tersteegen protestierte gegen das Urteil: Hier werde die Integration von Muslimen "boykottiert", befand er.

Der 30-jährige Marwan Al-M. hat ein Lehramtsstudium in den Fächern Mathematik und Wirtschaft absolviert und von 2007 bis 2009 als Referendar an einer Realschule bereits Schüler unterrichtet; anschließend beantragte er die übliche Verbeamtung auf Probe. Hierzu musste er bei der Schulbehörde der Stadt München den in Bayern üblichen Fragebogen zur Verfassungstreue ausfüllen. Dabei kamen der Behörde Zweifel.

Das von ihr angefragte Landesamt für Verfassungsschutz riet von der Einstellung Al-M.s ab. Die Schulbehörde folgte dieser Empfehlung, Al-M. fehle die Eignung für eine Tätigkeit als beamteter Lehrer. Begründung: Der Lehrer engagiere sich in seiner Freizeit bei der Muslimischen Jugend in Deutschland (MJD). Außerdem habe er Kontakte zur Islamischen Gemeinschaft Deutschland (IGD) und zum Islamischen Zentrum München (IZM). Alle Organisationen stehen laut Verfassungsschutz der Muslimbruderschaft nahe.

Vertreter des weltoffenen Islams

Die Muslimbruderschaft wurde in den zwanziger Jahren in Ägypten gegründet und ist nach den jüngsten Wahlen dort die wichtigste politische Kraft, sie ist weltweit vernetzt. Der bayerische Verfassungsschutz wirft ihr vor, sie strebe ein "totalitäres Herrschaftssystem" an, das die "Freiheit und Gleichheit der Menschen nicht garantiert".

Marwan Al-M., der einen syrischen Vater und eine deutsche Mutter hat, sieht sich selbst jedoch nicht als einen Verfassungsfeind an. Vielmehr bekennte er sich vor Gericht ausdrücklich zur "freiheitlich-demokratischen Grundordnung". Der Pädagoge steht zu seiner Tätigkeit bei der Muslimischen Jugend, wo er eine Jugendgruppe leitet. Bei der Moschee des Islamischen Zentrums München bete er zwar seit seiner Kindheit, sagte er. Im Islamischen Zentrum München sei er nach kurzer Mitgliedschaft aber sofort wieder ausgetreten, als er hörte, dass der Verein vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Vor Gericht erschienen außerdem Zeugen vom Stadtjugendamt und christlichen und jüdischen Gruppen, die bereits mit Al-M. zusammengearbeitet haben und ihn als Vertreter des weltoffenen Islams beschrieben.

Nicht eindeutig genug distanziert

Das Verwaltungsgericht lehnte seine Klage auf Verbeamtung nun ab. Er befand, der Lehrer habe sich nicht eindeutig genug von der Ideologie der Muslimbrüderschaft distanziert. Auf seinem Computer, der im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen eine andere Person untersucht worden war, hätten sich auch einige "radikale Texte" gefunden. Die Richter glaubten Al-M. nicht, dass er die Texte nur aus Neugier gelesen und abgespeichert habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

In Deutschland müssen Beamte die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten. Das steht bis heute in den Beamtengesetzen von Bund und Ländern. Der Radikalenerlass der siebziger Jahre sah zudem vor, dass vor jeder Einstellung in den öffentlichen Dienst eine Anfrage beim Verfassungsschutz erfolgen soll, um zu sehen, ob Erkenntnisse über den Bewerber vorliegen. Diese "Regelanfrage" ist inzwischen in allen Bundesländern wieder abgeschafft worden - zuletzt in Bayern 1991.

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