Unglück "Costa Concordia": Schuld auf Kapitän geschoben

Während die Suche nach Vermissten weitergeht, erheben Reederei und Staatsanwaltschaft schwere Vorwürfe. Die Branche rechnet nicht mit Stornierungen.

Sollte Öl ins Meer fließen, sei die Küstenlandschaft der Toskana gefährdet. Bild: reuters

Nach dem Unglück des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" mehren sich die Vorwürfe gegen den verantwortlichen Kapitän. Diee Reederei warf ihm am Montag "Fehlentscheidungen" vor: Er habe sich nicht an geltende Standards gehalten. Die Route des Schiffs habe demnach zu dicht an der Küste vorbeigeführt.

Zudem habe sich die Einschätzung des Kapitäns für einen Notfall "nicht mit den von Costa vorgegebenen Standards" gedeckt. Kapitän Francesco Schettino arbeitete der Reederei zufolge seit 2002 bei Costa; er war zunächst Sicherheitsoffizier und wurde 2006 zum Kapitän ernannt.

Auch die Staatsanwaltschaft erhebt massive Vorwürfe gegen den Kapitän. Der Kurs des Luxusliners sei eindeutig "nicht richtig" gewesen, sagte ein Staatsanwalt. Zudem habe Schettino das Schiff lange vor dem Ende der Evakuierungsarbeiten verlassen. Der Crew werfen die Ermittler zudem vor, verspätet mit der Evakuierung begonnen zu haben. Am Montag wurde ein sechstes Todesopfer aus dem Schiff geborgen.

Der Leiter der deutschen Dienststelle für Schiffssicherheit in Hamburg, Ulrich Schmidt, hält eine generelle Kritik allerdings für unangebracht. "Auf neuen Schiffen sind die Sicherheitsvorkehrungen sehr hoch", sagte er der taz. "Je größer das Schiff, desto genauer werden diese überprüft." Dass die "Costa Concordia" schon kurz nach dem Auslaufen und damit noch vor der ersten Sicherheitsübung kenterte, sei "Pech" – und Chaos bei der Evakuierung sei angesichts der großen Zahl von 4.000 Passagieren kaum zu verhindern.

"Im Notfall können Sie Panik nicht vermeiden", sagte Schmidt. "Das ist ein generelles Problem der Megaliner." Angesichts der hohen Passagierzahl sei die Zahl von nur sechs Toten "eine reife Leistung".

Angst vor Umweltkatastrophe

In der Region um die Unglücksstelle wächst unterdessen auch die Sorge vor einer Umweltkatastrophe. Die riesigen Tanks der "Costa Concordia" seien mit 2.400 Tonnen schwerem Schiffsöl gefüllt, sagte Italiens Umweltminister Corrado Clini der Zeitung La Stampa.

Sollte Öl ins Meer fließen, sei die einzigartige Küstenlandschaft der Toskana mit ihren Meerestieren und Vögeln gefährdet. Eine niederländische Firma hat damit begonnen, ausgetretenen Treibstoff zu entfernen. Sobald die Suche nach weiteren Opfern abgeschlossen sei, solle der noch in den Tanks verbliebene Treibstoff abgepumpt werden. Schlechtes Wetter könne die Arbeiten aber behindern, hieß es.

Auch über die wirtschaftlichen Folgen der Katastrophe gibt es noch keine endgültige Klarheit. Der Schiffseigner rechnet mit einem Schaden von rund 90 Millionen Dollar. Die Versicherung Hannover Rück, bei der das Schiff versichert war, geht davon aus, mit mindestens zehn Millionen Euro betroffen zu sein; für eine sichere Einschätzung sei es aber noch zu früh.

Die Aktien der Reederei Carnival brachen in London zeitweise um mehr als 20 Prozent ein. Die Nachfrage nach Kreuzfahrten wird Experten zufolge aber durch das Unglück nicht einbrechen. "Wir können noch keinen Buchungsrückgang aufgrund des Vorfalls verzeichnen", sagte ein Sprecher des Deutschen Reiseverbands.

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