Bundestag verlängert Afghanistan-Mandat: Das Randthema Krieg

Fast ohne öffentliche Aufmerksamkeit verlängert der Bundestag das Bundeswehrmandat. Erstmals wird die Zahl der einsetzbaren Soldaten verringert.

Sollen in Afghanistan bleiben: Bundeswehrsoldaten in Baglan. Bild: dapd

BERLIN taz | Gernot Erler sitzt in seinem Büro an der Straße Unter den Linden in Berlins Zentrum. Es ist Donnerstagmittag, in wenigen Stunden wird wenige hundert Meter entfernt im Bundestag das Afghanistanmandat der Bundeswehr um ein weiteres Jahr verlängern - auch mit Erlers Stimme. Ein Grund für politischen Streit? "Nein", sagt der SPD-Fraktionsvize, "die Luft aus dem Thema ist draußen."

So wie Erler sehen es viele. Mit der Abzugsperspektive 2014 ist die Debatte über den Krieg in Afghanistan beendet. Seit Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) Ende vergangenen Jahres die ersten Schritte zum Abzug der Bundeswehr bekanntgegeben hat, scheint die politische Diskussion vollständig an den Rand gedrängt.

Mit dem neuen Mandat verringert sich die Obergrenze der in Afghanistan einsetzbaren Soldaten erstmals um 450 auf 4.900. Bis zum 31. Januar 2013 gilt es, dann steht die nächste Verlängerung an.

Dennoch: Wer das Radio am Morgen der Mandatsverlängerung anschaltete, hörte von der Nachricht zur Afghanistandebatte - wenn überhaupt - erst nach vielen anderen Meldungen. "Die Innenpolitik und die Eurokrise spielen eine überragende Rolle", sagt auch der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour, "die ganz große Diskussion ist mit der Abzugsankündigung der Amerikaner beendet." Und für Gernot Erler besteht "der Grundkonsens, dass man dem Konzept der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen nun eine Chance geben muss".

Der Einsatz mit allen Problemen

Omid Nouripours Fraktionskollege Hans-Christian Ströbele ist neben den Abgeordneten der Linkspartei einer der wenigen, der sich an der abflauenden Diskussion über den Krieg überhaupt noch zu stören scheint. "Ich schaue mir das staunend an", sagt Ströbele, "der Krieg steht nicht mehr oben auf der Tagesordnung, es redet noch nicht einmal ein Minister."

Der langjährige Kriegsgegner glaubt, es solle der Eindruck erweckt werden, in Afghanistan sei mittlerweile alles in Ordnung. Dabei bedeute die geräuschlose Verlängerung, dass der Einsatz mit allen Problemen weitergehe wie bisher.

"Der Krieg mit gezielten Tötungen und dem Einsatz von Drohnen wird weitergeführt wie bisher", sagt der Kreuzberger Bundestagsabgeordnete. Seiner Ansicht nach müsste sofort ein Waffenstillstand ausgehandelt werden, statt nur das Mandat zu verlängern.

"Wir brauchen schnelle Verhandlungen und müssen die Taliban in die Regierung integrieren", fordert Ströbele, "und dann den Krieg beenden." Das sei die Alternative, sagt er, "und das kann sofort geschehen".

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