Netzagentur will RWE überprüfen

Die Bundesnetzagentur hat den Energiekonzern RWE dazu aufgefordert, die Stromausfälle nach dem Wintereinbruch im Münsterland aufzuklären. Eine neue Studie wirft den Netzbetreibern überhöhte Netznutzungsentgelte vor

BONN taz ■ Die Bundesnetzagentur hat den Stromkonzern RWE aufgefordert, der Behörde „konkrete Ursachenanalysen“ über die Stromausfälle im Münsterland vorzulegen. Das sagte gestern Renate Hichert, Sprecherin für den Bereich Elektrizität und Gasmärkte der Agentur. Die Bundesnetzagentur ist für die Regulierung der ehemals staatlichen Märkte Telekommunikation, Energie und Post zuständig.

Unterdessen wächst die Kritik am Energieversorger RWE. Nicht nur die im Kalten sitzenden Bewohner des Münsterlands ärgern sich über die seit Tagen nicht behobenen Stromausfälle, auch alternative Stromanbieter kritisieren den RWE-Konzern. Man habe es quasi mit einem Monopol zu tun, sagt Gero Lücking, Sprecher des Ökostrom-Anbieters Lichtblick. Wer zu den Kunden wolle, müsse die Preise von RWE für die Netznutzung bezahlen. „Wenn ich den Preis nicht akzeptiere, komme ich nicht zum Kunden.“ Allerdings stelle sich angesichts des Chaos in der Region Gronau und Ochtrup die Frage „was ich vom RWE-Konzern erwarten kann, wenn ich die hohen Preise bezahle“, so Lücking.

Gestern hat der Bundesverband neuer Energieanbieter (bne), zu dem neben Lichtblick und beispielsweise Yello-Strom noch 25 andere Mitglieder gehören, die Höhe der Netznutzungsentgelte massiv kritisiert. Die vier Stromnetzbetreiber RWE, Vattenfall, Eon und ENBW hätten in den vergangenen vier Jahren über ungerechtfertigte Preiserhöhungen rund 664 Millionen Euro eingenommen. Das belege eine Studie, die der bne gestern öffentlich machte. Laut Studie sind die Netznutzungsentgelte der vier Konzerne seit 2001 „ungerechtfertigt um 37 Prozent gestiegen“. Der bne hat die Bundesnetzagentur aufgefordert, diesen Sachverhalt besonders gründlich zu untersuchen, damit es in Zukunft zu sinkenden Netzentgelten komme.

Ob der RWE-Konzern trotz dieser Mehreinnahmen sein Hochspannungsnetz im Münsterland vernachlässigt hat, lässt sich momentan nicht sagen. Denn wer die Netzbetreiber kontrolliert, weiß nicht einmal die Bundesnetzagentur. Einmal im Jahr müssten die Netzeigner der Agentur Berichte über Netzausfälle zukommen lassen, sagt Hichert. Dann gebe es für den Betrieb des Stromnetzes noch unzählige DIN-Normen, sagt Hichert. Wie diese eingehalten werden, dazu könne der Verband der Netzbetreiber (VDN) Auskunft geben. Wenn das stimmt, kontrollierten die Netzbetreiber sich selbst.

In Deutschland gibt es drei Firmen, die sich auf die Montage von Hochspannungsnetzen für die Netzbetreiber spezialisiert haben: ABB, SAG und Alstom. Die Firma SAG will sich zu den Problemen der RWE im Münsterland nicht äußern. Ob SAG für die RWE das Netz errichtet habe und wann das gewesen sei, könne sie nicht sagen, so SAG-Sprecherin Janna Eberspächer. Auch sei ihr nicht bekannt, ob das Münsterländer RWE-Netz auf dem neuesten Stand gewesen sei. Gebe es Fragen zur technischen Qualität des zusammengebrochenen Netzes, möge man sich bitte an den RWE-Konzern wenden, so Eberspächer weiter.

Der Energiekonzern verkündete gestern, das Unternehmen wolle mit der Bundesnetzagentur „konstruktiv zusammen arbeiten“ und die gestellten Fragen beantworten, sobald die Stromversorgung wieder hergestellt sei und alle Daten und Informationen vorlägen. Die Verbraucherzentrale NRW rät allen Betroffenen, Schadensersatzforderungen vorsorglich bei RWE anzumelden. Zudem fordern die Verbraucherschützer ein unabhängiges Gutachten zu den Stromausfällen.ELMAR KOK