Sex unter Jugendlichen: Teenager können Verhütung

In einem bundesweit einmaligen Projekt beraten ZehntklässlerInnen einer Bremer Schule ihre MitschülerInnen. Unter anderem zu ungewollten Schwangerschaften.

Die Schülerin Michelle Sauer "berät" eine Freundin - aber nur fürs Foto. Bild: Kerstin Rolfes

BREMEN taz | Wieder weniger Schwangerschaftsabbrüche vermeldete am gestrigen Montag das Statistische Bundesamt für 2011. Dabei gingen gerade die Abbrüche bei Teenagern weiter zurück.

Unter 15 Jahren waren zum Zeitpunkt des Eingriffs in Bremen nur sechs Mädchen, in Hamburg zwölf, in Niedersachsen 25 und in Schleswig-Holstein elf Mädchen. In den Flächenländern hatte sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr halbiert. Bei den 15- bis 18-Jährigen war der Rückgang am deutlichsten in Bremen: Dort ließen nur 85 eine Schwangerschaft vorzeitig beenden, während es im Jahr zuvor noch 144 waren.

„Die Jugendlichen verhüten heute so gut wie nie zuvor“, sagt dazu Maren Kick von der Bremer Beratungsstelle Pro Familia. Sie hofft, mit einem von ihr initiierten, bundesweit einmaligen Projekt dazu beizutragen. Dabei bildet sie seit zwei Jahren SchülerInnen des Abschlussjahrgangs der Gerhard-Rohlfs-Schule in Bremen Vegesack dazu aus, Gleichaltrige und Jüngere zu Sexualität und Verliebtsein zu beraten – unter Einhaltung einer Schweigepflicht.

Immer montags in der ersten großen Pause sitzen dann zwei Schüler-Beraterinnen in einem kleinen Raum im Obergeschoss eines Nebengebäudes der Schule, ein kleines rotes Backsteinhäuschen, in dem bis vor kurzem unten die Cafeteria untergebracht war. „Talk Company“, steht an der Zimmertür, „bist du verliebt und weißt nicht weiter?“ Und: „Hast du ein Problem, dass du mit niemand sonst besprechen magst?“ Drinnen stehen Tisch und Korbstühle, in rosa Pappschachteln befinden sich Kondome, Tampons – und ein Schwangerschaftstest.

Nicht jede Sprechzeit werde genutzt, sagt Kick. „Es geht aber auch darum, dass das Wissen im Freundeskreis weiter gegeben wird.“ So konnten die 16-jährige Michelle Sauer und ihre beiden Mitstreiter – zwei Mädchen und ein Junge – schon mehrmals Jugendlichen helfen, die nach einer Verhütungspanne Rat suchten.

„Ich frage dann, wie lange das her ist, ob noch eine Pille danach in Frage kommt“, sagt Michelle, die am Montag „Dienst“ hatte. „Es gibt eine, die man nach drei Tagen und eine, die man noch nach fünf Tagen nehmen kann“, erklärt sie. „Stimmt doch, oder?“ Maren Kick nickt, alles richtig. Zur Sicherheit liegt aber auch eine Checkliste im Beratungsraum und ihre Handynummer haben die vier SchülerInnen auch.

Regelmäßig trifft sich die 41-Jährige mit der jeweiligen Gruppe – die im Laufe des Schuljahres immer kleiner wird – und bespricht relevante Themen, besucht Gynäkologie-Praxen und war auch mit ihnen im medizinischen Zentrum der Pro Familia in Bremen Mitte. „Damit sie sehen, wo die Abbrüche vorgenommen werden, um gut darüber informieren zu können.“

Der Umgang mit ungewollten Schwangerschaften ist nicht der Kern der Beratung, aber etwas, das Maren Kick besonders bewegt. Die Schule mit fünften bis zehnten Klassen befindet sich im Einzugsgebiet der Grohner Düne, einer Wohnanlage, in der viele arme Menschen leben. „Die Mädchen sollen wissen, dass sie selbst bestimmen können, ob und wann sie Mutter werden.“

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