Union Berlin: Kombinieren ist auch nicht alles

Der Köpenicker Club versucht, vom althergebrachten Rumpelfußball Abstand zu nehmen. Das führt zu ansehnlichen Spielzügen - aber nicht zum erhofften Erfolg.

Schluss mit Spitzkick: Union-Spieler Marc Pfertzel (r.) im Spiel gegen Duisburg vergangenen Freitag. Bild: dpa

Als die Systemkritik hochzukochen drohte, ergriff ein früheres Vorstandsmitglied beschwichtigend das Wort. „Klopperfußball haben wir lange genug gehabt“, sagte Tino Czerwinski auf einem Fantreffen des 1. FC Union in Köpenick. „Klopperfußball“, so nennt man eine wenig raffinierte Spielweise, die im Hauruckverfahren unter Aufbietung von Zweikampfhärte zum Erfolg führen soll. Damit will Union nichts mehr zu tun haben. Nur: Noch führt das modernisierte Spielsystem nicht zum gewünschten Erfolg.

Spätestens nach dem 3:3-Unentschieden Anfang März in Ingolstadt, das in Union-Kreisen praktisch als eine Niederlage aufgefasst wurde, zerbrechen sie sich in der Wuhlheide die Köpfe über die Frage: Könnte es sein, dass unsere Mannschaft jetzt zu attraktiv spielt, um noch zu siegen?

Als Gast beim FC Ingolstadt dominierte Union die Partie mit recht ansehnlichen Kombinationen. Die Bayern wurden frühzeitig in ihrer eigenen Hälfte angegriffen und so zu Fehlern gezwungen. Union sah über weite Strecken wie der sichere Sieger aus. Leider ging der Schuss für die Berliner dann beinahe nach hinten los. Denn während das Team in der Offensive zur Begeisterung der mitgereisten Fans auftrumpfte, taten sich hinten in der Abwehr gefährliche Lücken auf, die der Gegner auch zu Treffern nutzte. „Natürlich birgt das mehr Risiken“, urteilt Abwehrorganisator Christian Stuff über die risikoreichere Union-Variante.

Torsten Mattuschka platzte in Ingolstadt der Kragen. „Das kotzt mich an“, schimpfte Unions Spielführer im Eifer des Gefechts. Angesichts des hohen Aufwands bei wenig Ertrag unterstellte er seinen Kollegen in der Abwehr mangelnden Widerstand.

„Man mault sich an, und dann ist die Sache wieder vergessen“, sagt Mattuschkas Mittelfeldkamerad Markus Karl im Rückblick. Und auch der Spielführer, frisch geduscht und wieder mit Ruhepuls, relativiert seinen Wutausbruch. „Wir haben uns ein bisschen die Meinung gegeigt“, kommentiert Mattuschka den Vorfall. Ex-Präsidiumsmitglied Czerwinski macht sich derweil seinen Reim darauf, weshalb sich die Malocher-Union mit der Moderne auf dem Rasen offenbar so schwertut: „Die Art und Weise waren wir jahrelang nicht gewohnt.“

Retro-Tour in die Rumpel-Ära

Der amtierende Cheftrainer der Eisernen, Uwe Neuhaus, der sich vor Jahresfrist noch eine einfallslose Kick-and-Rush-Philosophie vorwerfen lassen musste, hat seine Profis inzwischen auf ein ansehnliches Niveau gehievt. Das Spieltempo ist jetzt deutlich höher geworden, die Kombinationen sind flüssiger als früher. Auch wenn das jüngste 1:1-Remis am vergangenen Freitag gegen die um den Klassenerhalt kämpfenden Duisburger als eine Retro-Tour in die überwunden geglaubte Rumpel-Ära gewertet werden muss.

Leider lässt sich der Erfolg der Systemreform bislang weniger an der Tabelle ablesen, wo Union nach nur einem Sieg in 2012 im Mittelfeld festhängt. „Ich glaube, dass wir mit dieser Spielweise Erfolg haben werden. Dazu braucht es Geduld, die habe ich“, beteuert Neuhaus. Auch Kapitän Mattuschka sieht Anzeichen für einen Aufschwung der Eisernen. „Wir waren in der Rückrunde eigentlich immer das bessere Team“, resümiert der frühere Bundesliga-Profi von Energie Cottbus.

Fragt sich nur, ob Union auch das richtige Team besitzt für die Neuhaus-Moderne? „Abgerechnet wird am Ende der Saison“, erklärt der Coach. Er scheint gewillt, nach dem praktizierten Spielsystem auch die Zusammenstellung des Spielerkaders auf den Prüfstand zu stellen. „Dann kann man sich Gedanken machen, ob das Personal, das man zur Verfügung hat, ausgetauscht werden muss, weil die Qualität nicht reicht“, sagt Neuhaus.

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