Kolumne Die Farbe Lila: Augen zu und durch

Von der Fröhlichkeit des Mutterseins in Frankreich und einer Ungerechtigkeit, die selbst Superväter nicht auflösen können.

Vor kurzem war ich für eine Veranstaltung in Frankreich, und als ich in Straßburg in den Zug nach Hause stieg, erfasste mich eine fröhliche Leichtigkeit. Ich hatte dort Frauen getroffen, die mich nicht merkwürdig fanden, obwohl ich mit Kind Vollzeit arbeite. Die Französinnen fanden das nicht der Rede wert, eher selbstverständlich, dass ein Kind seine Wochentage mit anderen Kindern und mit Erziehungsprofis verbringt. Die Mütter in meinem erweiterten Freundes- und Bekanntenkreis sehen das zum großen Teil anders.

Komischerweise führe ich mit den gleichen Frauen Gespräche zum Beispiel über die Ungerechtigkeit, dass Frauen im Alter durchschnittlich nur 60 Prozent der Rente beziehen, die ein Mann bekommt. Ich traue mich dann kaum zu sagen, dass das auch daran liegt, dass sie weniger arbeiten und mehr bei den Kindern bleiben als ihre Partner. Und wer im Alter nicht dumm dastehen will, sollte in den Jahrzehnten davor gut für sich sorgen. Das muss nicht zwangsläufig heißen, sich wie ich für die Vollzeitberufstätigkeit entscheiden zu müssen – in Deutschland mit seinem schrägen Mutterbild wird das sowieso nie zur Regel werden.

Aber wenn sich Paare heute gemeinsam dafür entscheiden, dass Er weiter Vollzeit arbeitet und Sie runter auf eine Teilzeitstelle oder sogar einen Minijob geht, sollten diese Frauen dabei auch an ihre Rente denken. Also bitte: Wenn ihr ein solch ungleiches Arrangement trefft, dann lasst euch von eurem Partner gefälligst die Rentenbeiträge zahlen. Männer geben im Durchschnitt zwischen 100 und 200 Euro monatlich in die Rentenkasse, Frauen zwischen 50 und 100 Euro.

Der Deal „Der Mann sorgt fürs Geld, die Frau für die Kinder“ betrifft eben nicht nur das Haushaltsgeld, sondern auch die Rente. Wenn Frauen sich durch für das Allein- oder Zuverdienermodell finanziell von ihren Partnern abhängig machen, wenn sie ihm den Rücken freihalten, sollten sie beim Thema Rente nicht so tun, als seien sie nur WG-Mitbewohnerinnen ihrer Männer und wer weniger verdient, zahlt halt weniger ein. Wenn sich die WG nämlich irgendwann auflöst, fallen diese Frauen durch das neue Unterhaltsrecht ins Bodenlose. Denn der Expartner muss sie jetzt nur noch so lange unterstützen, wie ein Kind unter drei Jahren in ihrem Haushalt lebt und kein Krippenplatz verfügbar ist.

Vor ein paar Wochen, am Internationalen Frauentag, hätte die zuständige Ministerin zwar Themen wie den 60-%-Missstand ansprechen können, aber sie zeichnete lieber zwei „Superväter“ aus. Als könnten einzelne Superpapas das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern beseitigen. Bei den meisten Beziehungen bleibt es dabei: Wenn Kinder kommen, pausieren Frauen im Job, und wenn jemand in der Familie pflegebedürftig wird, kümmern sich die Frauen. Die Bundesregierung gibt zwar zu, dass Altersarmut die Folge unterbrochener Erwerbsbiografien ist und dass ihr oberstes Politikziel eine dauerhafte Erwerbstätigkeit sei. Aber die Familienministerin ermuntert Paare trotzdem, bei diesen – natürlich ganz privaten – Entscheidungen das Alleinverdienermodell zu wählen, indem sie den Frauen 150 Euro Betreuungsgeld verspricht und am Ehegattensplitting festhält.

Klar, 150 Euro kommen den Staat billiger als ein Krippenplatz. Und dass es später mal ein Problem geben könnte – nun ja, das ist eben später.

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