Krankenversicherung in den USA: Jetzt auch für Leukämiekranke

Wer krank war, hatte in den USA bisher kaum eine Chance, versichert zu werden. Jetzt ist das anders. Trotz Kritik treibt die Regierung die Gesundheitsreform voran.

Warten auf kostenlose Sprechstunden ist für viele Unversicherte in den USA die einzige Möglichkeit, sich behandeln zu lassen. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Zum zweiten Geburtstag seiner Reform griff der Präsident zum Telefonhörer. „Hi Eric, wie geht’s“, fragte er den verblüfften Medizinstudenten am andern Ende der Leitung. „Hier ist Barack Obama.“ Er wolle mal nachhören, wie sich Erics Mutter von ihrer Herz-Bypass-Operation erhole, verriet der Politiker. Und dann gratulierte er Eric auch gleich noch dazu, dass er einer der vielen jungen Menschen sei, die von seiner Gesundheitsreform profitieren.

Für Studenten wie Eric hat sich seit dem Tag der historischen Unterzeichnung des Gesetzes viel getan: Über eine Million US-Bürger unter 26 Jahren sind inzwischen automatisch über ihre Eltern mitversichert. Auf der anderen Seite profitieren seitdem mehr als 20 Millionen alte Menschen von kostenfreien Vorsorgeangeboten.

Auch für Familien mit kleinen Kindern gibt es eine wichtige Änderung, die ihnen ein Vermögen erspart. Zum Beispiel Michelle Cunningham: Ihr acht Jahre alter Sohn ist Leukämiepatient. Nach der Diagnose erhielt er drei Jahre lang eine Chemotherapie. Dann verlor Michelles Mann seinen Job – und somit auch die Krankenversicherung.

Die Cunninghams suchten nach Ersatz. Doch die Antwort der Versicherer hieß schlicht: „unversicherbar“, berichtet Cunningham im Blog „Moms Rising.org“. Nach dem alten Recht muss kein Versicherer ein leukämiekrankes Kind akzeptieren. Wie seine Eltern die Behandlung finanzierten, blieb ihnen überlassen.

Versicherungsbörsen in jedem Bundesstaat

Nach einer Studie der Universität Harvard starben noch vor drei Jahren 45.000 US-Bürger, weil sie keine adäquate Gesundheitsversorgung hatten. Das änderte sich schlagartig im März 2010: Seit der Reform dürfen die US-Versicherungsfirmen erstmals in der Geschichte des Landes Klienten mit Vorerkrankungen nicht mehr abweisen.

Während Kritiker Sturm gegen das Gesetz laufen, treibt die Regierung in Washington seine Umsetzung voran. Nächster Schritt ist das Kernstück: der Aufbau von Versicherungsbörsen in jedem US-Bundesstaat. Über sie sollen Einzelpersonen, Familien und kleinere Unternehmen Gesundheitspolicen erwerben können. Schon 2013 müssen die Bundesstaaten konkrete Pläne darüber vorlegen, wie sie die dafür erhaltenen Dollarmillionen verwendet haben.

Doch nach wie vor verweigern sich viele. So überwies Kansas, das zu den Klägern gehört, 90 Millionen Dollar nach Washington zurück, die der konservativ regierte Staat für die Errichtung seiner Gesundheitsbörse erhalten hatte.

Auch in der Bevölkerung ist die Reform noch immer nicht so beliebt, wie Obama und seine Mitstreiter es sich wünschen würden: Nach einer Umfrage von Washington Post und ABC News in der vergangenen Woche lehnen 52 Prozent der Amerikaner sie nach wie vor ab. Unvorstellbar für Sharon Scott aus Florida: Ihr halbes Jahresgehalt von 24.000 Dollar gibt die 47-jährige allein erziehende Mutter für ihre Versicherung aus.

Sharon Scott hofft nun auf den Richterspruch – und darauf, dass das Ziel einer fairen Versicherungsbörse eines Tages auch Florida erreicht.

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