AKW-Lobby gegen Regierungsberater: Japans schleichender Atomausstieg

Der Anteil des Atomstroms in Japan könnte bis 2030 halbiert werden. Die Nuklear-Lobby hält dagegen und versucht, ein Datum für den Atomausstieg zu verhindern.

Premierminister Yoshihiko Noda, Wirtschaftsminister Yoshio Hachiro und Umweltminister Goshi Hosono am 8. September in Fukushima. Bild: dpa

TOKIO taz | In Japan zeichnet sich ab, dass der Anteil der Atomkraft an der Stromversorgung bis 2030 um die Hälfte auf insgesamt 15 Prozent verringert wird. Das würde zur aktuellen Regierungspolitik passen, die Laufzeit der Atomreaktoren auf 40 Jahre zu begrenzen. Jedoch wehrt sich die Nuklearlobby dagegen, dass der Staat offiziell aus der Atomkraft aussteigt.

Ein Beratergremium der Regierung hat vier Vorschläge für eine neue Energiepolitik ausgearbeitet. Danach soll der Anteil der Atomkraft an der Stromerzeugung im Jahr 2030 entweder bei null, 15 oder 20 bis 25 Prozent liegen. Alternativ schlugen die 25 Experten vor, den Energiemix dem Markt zu überlassen.

Parallel soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung von elf Prozent im Jahr 2010 auf 25 bis 35 Prozent steigen. Ursprünglich sollte der Anteil der Atomkraft von 26 Prozent 2010 durch den Bau von 14 neuen AKWs bis 2030 auf 50 Prozent steigen.

Die Regierung will die Vorschläge nun beraten und nach Diskussionen mit den Bürgern im August einen neuen Energiemix beschließen. Die Diskussion dürfte stark davon beeinflusst werden, ob und in welchem Maß die Pazifiknation in diesem Sommer nach der Abschaltung aller 50 Atomreaktoren unter Strommangel leiden wird.

Am realistischsten erscheint eine Einigung auf 15 Prozent Atomstrom. Da ein Neubau von Reaktoren nach der Katastrophe von Fukushima kaum durchsetzbar ist, dürften die 50 verbliebenen Anlagen in den nächsten Jahrzehnten schrittweise vom Netz gehen. Damit würde die Menge des erzeugten Atomstroms automatisch abnehmen.

Knapp 75 Prozent gegen Atomkraft

„15 Prozent kann eine Basis sein“, erklärte Umweltminister Goshi Hosono. Der größte Wirtschaftsverband Keidanren steht angesichts von Versorgungsproblemen und steigenden Preisen ebenfalls hinter einer Beibehaltung der Atomkraft. Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters sind aber fast drei Viertel der japanischen Firmen für einen Ausstieg, solange es genügend alternative Stromquellen gibt.

Hinter den Kulissen wehrte sich das atomkraftfreundliche Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie, das die Berater auswählte und lenkte, gegen die Festlegung eines Termins für den Atomausstieg. Die Experten verzichteten denn auch auf ihren ursprünglichen Vorschlag, das Jahr 2050 als Ausstiegstermin festzulegen.

Offenbar hofft die Atomlobby auf eine spätere Renaissance der Atomkraft. Ihre weitere Nutzung soll die Wiederaufbereitungsanlage vor der Verschrottung retten. Die über 20 Milliarden Euro teure Anlage im nordjapanischen Rokkasho ist im Prinzip fertig. Nur die Versiegelung des Atommülls durch Verschmelzung mit Glas funktioniert nicht richtig. Die nächsten Tests finden im Herbst statt.

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