Die Ballade von Jochen Bruns

Montags kaufte er den Kicker, dienstags Abend sah er fernMittwochs las er gute Bücher, donnerstags, da trank er gernFreitags gab es Fisch, samstags Sport auf ARDDann war auch schon wieder Sonntag, Mann, wie öde, das tat weh

Er hatte Aktien und zwei Autos und ab und an GeschlechtsverkehrFuhr zweimal jährlich in den Urlaub, doch er sehnte sich nach mehrNur nach was, war ihm entfallen, wie so vieles schlicht verwehtAls er die Bilanzen prüfte und sah, wie sinnlos Zeit vergeht

Da war’n die Frauen, die er liebte und die sich ein andrer nahmSein Roman, den niemand druckte, und all der and’re KramDer ihm in längst vergilbten Bildern durch den Schädel schwammUnd wieder dämmerte es Jochen, dass die Zeit zu schnell verrann

Doch eines Tages beim Rasieren, sah er den Tod neben sich stehnDer sprach: „Pack die Koffer, Jochen Bruns! Es wird Zeit, wir müssen gehen!“Er fragte: „Auf- oder abwärts?,“ bekam die Antwort: „ScheißegalWir haben überall im Jenseits dasselbe Ritual

Und das geht so:Montags kaufen wir den Kicker, dienstags Abend seh’n wir fernMittwochs lesen wir ein Buch, donnerstags trinken wir gernFreitags gibt es Fisch, samstags Sport auf ARD.“„Dann ist auch schon wieder Sonntag“, seufzte Jochen, „das tut weh.“

Michael Quasthoff