Monika Heinold über politische Schwerpunkte: "Ich bin keine Oberlehrerin"

Die neue Kieler Finanzministerin will lieber in Bildung und Klimaschutz investieren als in Schleswig-Holsteins Straßennetz.

Sparen ist Trumpf: Monika Heinold. Bild: dpa

taz: Frau Heinold, auf einer Skala von eins bis zehn: Wie hoch ist der Gockel-Faktor im neuen Kabinett?

Monika Heinold: Fünf.

Wer gockelt am meisten?

Wir haben ein nettes Team, relativ uneitel, viel Engagement in der Sache und den Ehrgeiz, miteinander dieses Land zu gestalten. Die ersten Kabinettssitzungen waren launig, arbeitsintensiv und spannend.

Die Opposition nennt die Koalition aus SPD, Grünen und SSW „Dänenampel“, Sie wollen „Küstenampel“ durchdrücken – schaffen Sie das?

Meine Prognose ist, dass auch nach fünf Jahren noch unterschiedliche Namen benutzt werden. Das macht aber nichts. Entscheidend ist, dass diese erste Regierung mit Minderheitsbeteiligung tragfähige Konzepte für das ganze Land entwickelt.

Als Finanzministerin haben Sie die blödeste Rolle im Kabinett. Werden Sie die strenge Lehrerin geben, bei der die Minister-Kollegen mit ihren Etat-Entwürfen antanzen müssen?

Ich gehe davon aus, dass alle Kabinettskollegen großes Interesse daran haben, die Schuldenbremse einzuhalten. Das ist mit dem Bund vereinbart und wird auch geschehen. Ich verstehe mich nicht als Oberlehrerin, sondern das Finanzministerium als Dienstleister.

53, geboren in Gütersloh. Die gelernte Erzieherin und Mutter zweier erwachsener Söhne lebt mit ihrem Lebensgefährten in Kiel.

Trat 1984 den Grünen bei, seit 1996 Mitglied des Landtages, unter anderem als Vize-Vorsitzende des Finanzausschusses.

Finanzministerin des Landes Schleswig-Holstein ist Monika Heinold seit dem 12. Juni 2012.

Wie wollen Sie bis 2020 die Neuverschuldung stoppen?

Wir haben die Finanzplanung aus dem Jahr 2011, die die Budgets beschreibt, für Personal und für Sachkosten. Innerhalb dessen werden wir mit den einzelnen Ministerien das Geld verteilen.

Sie folgen also dem Plan Ihres CDU-Amtsvorgängers Rainer Wiegard?

Das ist nicht der Plan von Herrn Wiegard, sondern ein Plan, der mit dem Stabilitätsrat der Länder verabredet wurde. Das Parlament hat in der Landesverfassung festgeschrieben, dem zu folgen. Schon als Parlamentarierin habe ich damals den Rahmen mit vorgegeben. Es wäre absurd, wenn ich als Ministerin sagen würde: Ich erkenne den Plan nicht an.

„Pay as you go“, sagte einst US-Präsident Bill Clinton: keine Ausgabe ohne Gegenfinanzierung. Haben Sie eine Formel, mit der Sie die Wünsche Ihrer Kollegen kontern wollen?

Es geht nicht um Wünsche, sondern in der Regel um berechtigte Interessen. Wir wollen Schwerpunkte setzen bei Bildung und Klimaschutz. Und wenn wir Schwerpunkte setzen, stehen alle in der Pflicht, diese umzusetzen. Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, bereits 2013 zirka 45 Millionen Euro umzuschichten, überwiegend für Krippenausbau und Lehrkräfte. Im Gegenzug erhöhen wir den Erdölförderzins, sparen im Straßenbau und machen das kommunale Haushaltskonsolidierungsgesetz rückgängig.

Straßenneubau oder -instandhaltung?

Sowohl als auch.

Sie sparen, indem Sie die Infrastruktur verfallen lassen?

Schwerpunkte setzen heißt, dass nicht mehr alles geht. Die Summe für den Landesstraßenbau ist von CDU und FDP vor wenigen Monaten in der mittelfristigen Finanzplanung erhöht worden. Und dieses machen wir zu Gunsten der Bildung rückgängig.

Sie stellen für 2013 einen Einzelhaushalt auf. Trauen Sie sich den Doppelhaushalt nicht zu?

Ich bin eine Anhängerin von Doppelhaushalten. Wir wollen mit einem Einzelhaushalt starten, um die konjunkturellen Schwankungen abzufedern. Wenn sich die Finanzsituation in Europa beruhigt, hoffe ich, dass wir wieder zu Doppelhaushalten kommen.

Angesicht der jetzigen Einnahmen sagte Ihr Vorgänger Wiegard, eigentlich könnte es schon 2016 ohne Neuverschuldung gehen.

Es gibt einen Unterschied zwischen einer „Netto-Neuverschuldung null“ und einem strukturell ausgeglichenen Haushalt. Wir hatten 2011 noch eine Lücke von 950 Millionen Euro. Nur weil wir gerade ganz gute Steuereinnahmen haben, können wir nicht so tun, als sei 2016 das Problem schon gelöst.

Müssten Sie nicht wenigstens die Neuverschuldung schneller herunterfahren?

Nach der Vereinbarung mit dem Stabilitätsrat dürfen wir konjunkturelle Effekte nicht überbewerten. Das ist richtig so, weil in der Vergangenheit viel zu oft bei kurzfristig hohen Steuereinnahmen strukturelle Mehrausgaben beschlossen wurden. Es geht aber darum, die Struktur von Einnahmen und Ausgaben anzugleichen. Die neue Landesregierung schätzt den Weg als sehr viel steiniger ein als die alte, vor allem, weil die geplanten Kürzungen im Bildungsbereich falsch waren. Wir glauben, dass man auf Dauer eine geänderte Steuergesetzgebung für mehr Einnahmen braucht.

Wie viel Geld schenkt der Bund Schleswig-Holstein über den Fiskalpakt?

Noch ist unsicher, wie viel real beim Land ankommt. Es gibt eine Entlastung von 2,5 Millionen Euro beim Krippenausbau. Da gibt es aber auch in der Struktur ein Defizit von 80 Millionen. Ob und wie viel es aus der Eingliederungshilfe gibt, ist völlig unklar.

Ihre Vorgänger haben Einnahmen aus dem landeseigenen Glücksspielgesetz eingeplant. Ihre Koalition will das Gesetz abschaffen.

Im Haushalt stehen diese Einnahmen glücklicherweise noch nicht, aber dem Stabilitätsrat wurden sie als Konsolidierungsbeitrag angekündigt. Mit der Änderung des Sportwetten- und Lotteriegesetzes auf Bundesebene und der Rücknahme des Landesglücksspielgesetzes gehört diese geplante Sondereinnahme jetzt der Vergangenheit an.

In den vergangenen Jahren haben Schleswig-Holstein und Hamburg verstärkt zusammengearbeitet – nicht zuletzt, um Kosten zu sparen. Werden Sie das auch mit dem SSW als Koalitionspartner fortsetzen?

Ich sehe gute Chancen, weil wir uns einig sind, möglichst wenig für Verwaltung auszugeben. Grundlage für die weitere Zusammenarbeit mit Hamburg ist, dass die Menschen im Norden Schleswig-Holsteins wissen, dass es nicht darum geht, einen Landesteil abzuhängen.

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