Sicherheitsvorschriften werden ignoriert: Kreuzfahrtschiffe haben Schotten offen

Viele Kreuzfahrtschiffe fahren mit offenen Schotten und können bei einem Leck restlos volllaufen. Das ergab ein Test des ADAC, der ansonsten aber positiv ausfiel.

Hat sie die Schotten dicht? Die „Norwegian Sun“ passiert die Hafeneinfahrt von Warnemünde. Bild: dapd

BERLIN taz | Kreuzfahrtschiffe halten sich häufig nicht an international gültige Sicherheitsauflagen. Das zeigt ein Stichprobentest des ADAC, den der Verkehrsclub am Dienstag veröffentlicht hat. Die Hälfte der zehn getesteten Kreuzfahrtschiffe im Mittelmeer hatte die wasserdichten Schotten im Schiffsinneren auf See geöffnet. Dies ist durch das Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See verboten. Die Schotten unterteilen das Schiff in verschiedene Abteilungen und verhindern im Falle eines Lecks, dass es restlos vollläuft und sinkt.

Oft blieben die Türen in den Schotts jedoch offen, um Arbeitsabläufe unter Deck zu erleichtern. Laut Experten stellt diese Praxis ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. „Im Notfall kann das Schließen offener Schotten vergessen werden oder die Technik versagen“, sagt ADAC-Testkapitän Franz Lippold. Der ADAC fordert daher, Ausnahmegenehmigungen strenger zu handhaben als bisher. Auf diese verweisen die Reedereien in der Regel, wenn sie mit offenen Schotten ertappt werden.

Allerdings: Alle überprüften Schiffe schnitten insgesamt mindestens mit der Note „gut“ ab, zwei mit „sehr gut“. Die Sicherheits-, Rettungs- und Brandschutzeinrichtungen seien laut ADAC überall modern und gut gewartet gewesen, die Besatzungen meist professionell geschult. Kritikpunkte gab es – neben der Praxis, die Schotten nicht zu schließen – noch bei den Seenotrettungsübungen, die teils zu oberflächlich gewesen seien. In vier Fällen gab es Punktabzug bei der Aufbewahrung von Rettungswesten und -inseln.

Inwieweit geöffnete Schotten zum Unglück der im Januar gesunkenen „Costa Concordia“ beigetragen haben könnten, ist bis heute nicht sicher. Es gibt Indizien dafür, dass sie zum Zeitpunkt des Unglücks teilweise offen waren, obwohl es dafür keine Ausnahmegenehmigung gab. Ein Video, das im italienischen Fernsehen aufgetaucht ist, dokumentiert angeblich den Befehl zum Schottenschließen auf der Brücke nach der Kollision.

Der Schiffssicherheitsexperte Stefan Krüger von der TU Hamburg-Harburg sagte kürzlich in der ARD: „Bis jetzt ist mir noch kein einziger Unfall bekannt, wo ein Schiff gesunken ist nach einer Leckage, wo nicht unter Deck ganz massiv die Schottschiebetüren auf gewesen wären.“

Costa Crociere, die italienische Reederei des verunglückten Schiffs, war mit zwei Schwesternschiffen der „Costa Concordia“ im Test vertreten. Bewertet werden konnte allerdings nur eines des beiden. Die Schiffsleitung der „Costa Serena“ hatte den ADAC-Testern, die die Schiffe erst incognito, dann gemeinsam mit der Crew inspizierten, die Kooperation verweigert.

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