„I love Hwang Woo-suk“

Anhänger des südkoreanischen Klonexperten Hwang kritisieren die Medien und organisieren eine nationale Eizell-Spenden-Kampagne

Vergangene Woche hat Südkoreas berühmtester Wissenschaftler, Professor Hwang Woo-suk, eine Lüge eingestanden: Er verwendete für seine Klonversuche Eizellen von eigenen Mitarbeiterinnen, was er zuvor stets bestritten hatte. Er verletzte damit international übliche Ethikstandards. Während der Forscher fürs Erste von der Bildfläche verschwunden ist – lokale Medien spekulieren über eine Einkehr in einem buddhistischen Tempel – laufen Anhänger Hwangs Sturm.

Demonstranten in Rollstühlen, die Hwangs Stammzellenforschung als einzige Hoffnung bezeichneten, nahmen in Seoul den Fernsehsender MBC ins Visier. Die private Station versucht dem Veterinärmediziner offenbar weitere unethische Praktiken nachzuweisen. Die Anhänger Hwangs drohten Unternehmen, die auf MBC Werbespots laufen lassen, mit einem Boykottaufruf. Zwölf Unternehmen zogen deshalb ihre Spots zurück. Sogar der südkoreanische Staatspräsident Roh Moo-hyun warnte darauf hin vor einem Angriff auf die Pressefreiheit.

Aus Sympathie für den gestürzten Klonexperten sollen sich in Südkorea hunderte von Frauen bereit erklärt haben, Eizellen zu spenden. „Wir werden dafür sorgen, dass Dr. Hwang so viele Eier bekommt, wie er für seine Forschung benötigt“, erklärten Anhängerinnen des Forschers, die eine nationale Eizell-Spenden-Kampagne lanciert haben. Umfragen, die unmittelbar nach Hwangs Eingeständnis gemacht wurden, signalisieren breite Unterstützung in der südkoreanischen Bevölkerung für den Wissenschafter. Der Online-Fan-Club „I love Hwang Woo-suk“ zählt angeblich 15.000 Mitglieder.

Ungeachtet der Enthüllungen bejubeln sie ihn als „Koreas leuchtenden Star“. Wie ihn der Nationalstolz antrieb, offenbarte Hwang, als er vergangene Woche vor die Presse trat. „Ich gewann Vertrauen, dass wir Koreaner ebenfalls etwas erreichen können.“ In Südkorea ist mitunter zu hören, man sei Opfer „westlicher Ethikstandards“, und dem Land werde der Vorsprung in der Klonforschung nicht gegönnt.

Derweil kritisierte ein früherer Wissenschaftsminister, die nationalistisch aufgeladene Stimmung, in der über den Skandal diskutiert werde. Cho Yi-yeo, Chefredakteurin eines Frauenmagazins, bezeichnete die Eizell-Sammel-Aktion als grotesk. Der südkoreanischen Regierung wird vorgeworfen, die Geschehnisse an der prestigereichen Nationaluniversität nicht unabhängig untersucht zu haben. „Es gibt viele ungeklärte Fragen“, sagte Koo Young-Mo vom Lehrstuhl für medizinische Ethik an der Universität von Ulsan gegenüber der New York Times.

Allem Anschein nach lässt die Regierung den Klonforscher, den sie in den letzten Jahren mit Preisen ausgezeichnet und finanziell äußerst großzügig unterstützte, nicht fallen. Hwangs Institut an der Nationaluniversität in Seoul erhält 2006 laut Medienberichten wie geplant drei Milliarden Won (2,5 Millionen Euro).

Der Skandal um Hwang wird in südkoreanischen Ministerien zweifellos als Rückschlag interpretiert. Die Ambition, das Land zum internationalen Drehkreuz für die Stammzellenforschung zu machen, ist damit keinesfalls aufgegeben. Hwang wird nach einer kurzen Auszeit an seinem Institut zurückerwartet.

MARCO KAUFMANN