Widerstand gegen Braunkohlekraftwerke: Laues Lüftchen statt heißem Protest

Der "Sommer der Klimacamps" ist nun vorbei, die Bilanz ernüchternd: Warum der Braunkohle-Widerstand nicht in Schwung kommt.

Wird wohl noch ein Weilchen weiterdampfen: Das Lausitzer Braunkohlekraftwerk Jänschwalde. Bild: dpa

BERLIN taz | Richtig wehtun wollten sie den Konzernen. Dieses Ziel haben die Umweltaktivisten, die mit drei Klimacamps für einen „heißen Protestsommer“ 2012 sorgen wollten, aber gehörig verfehlt.

Am Freitag endet das letzte Camp, die Bilanz ist spärlich: Im Rheinland blockierten Aktivisten eine RWE-Kohlebahn – spektakulär, aber die Aktion fand 2011 bereits in ähnlicher Weise statt. In der Lausitz erinnerte eine Demonstration vor den Werkstoren Vattenfalls eher an einen bunten Sommerspaziergang – ganz anders im Vorjahr, als die Demonstrierenden Parteizentralen besetzten und den Minister zu einer Reaktion zwangen. Die Teilnehmerzahlen der Camps blieben, wie 2011, im niedrigen dreistelligen Bereich.

2012 wurde erstmals in allen wichtigen Braunkohlerevieren gezeltet: im Rheinland, in der Lausitz und in Mitteldeutschland. Dennoch hapert es gewaltig bei der Mobilisierung gegen den braunen Brennstoff – den mit Abstand größten deutschen „Klimakiller“.

„Wir müssen zugleich bürgerlich und radikal sein“, sagt Christine Reichenberger vom Lausitzcamp. Mehr Radikalität bedeutet mehr Medienpräsenz. Allerdings würden damit zugleich die Bürgerinitiativen vor Ort verschreckt. Genau diese könnten aber erfolgsentscheidend sein, sagt Protestforscher Dieter Rucht.

Bergbauvokabel „auskohlen“

Erklärtes Ziel der rheinländischen Braunkohlegegner ist es, an die Anti-Atom-Bewegung anzuknüpfen. Sie nennen sich „ausgeCO2hlt“, wollen damit allerdings nicht auf die Atomgegner „ausgestrahlt“ anspielen, sondern auf die Bergbau-Vokabel „Auskohlen“. Das CO2 im Namen deutet bereits auf den wichtigsten Grund hin, weshalb kaum jemand gegen Braunkohle-Neubauprojekte auf die Straße geht: Es geht um globale Klimagerechtigkeit; unter den Folgen globaler Erwärmung leidet vor allem der Süden.

Eine Katastrophe „vor der Haustür“ vom Kaliber eines nuklearen Gaus, wichtigster Grund für den Atom-Widerstand, droht nicht. Die Reviere liegen in dünn besiedelten Gebieten, sind quasi unsichtbar.

Das Lausitzcamp sei höchstens so erfolgreich gewesen wie letztes Jahr, sagt Camp-Sprecherin Reichenberger, auch weil das Aufregerthema CO2-Abscheidung (CCS) entschärft wurde. Auch in Zukunft bleibt der Kampf gegen die Braunkohleverstromung ein Nischenthema, sagt Forscher Rucht. Es gelte, wie für alle Klimathemen, das Gleichnis vom „Frosch im Wassertopf“: Der werde so langsam erhitzt, dass er sein Sterben gar nicht wahrnehme.

***

Berichtigung: Der Artikel erweckte fälschlicherweise den Eindruck, dass die Initiative „ausgeCO2hlt“ ihren Namen an die Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ angelehnt hätte. Dies trifft nicht zu, und ist nun im Text korrigiert. taz.de bittet um Entschuldigung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.