Verbotszonen: Hamburger Schule

In Lübeck und Kiel werden Flaschenverbote nach dem Vorbild der Reeperbahn diskutiert. Jetzt mischt sich Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner ein.

Eine kleine Schwester der Reeperbahn: die Kieler Bergstraße. Bild: Lars Wehrmann

HAMBURG taz | Auch Andreas Breitner war mal jung. Damals, mit 25, war Breitner auf der Kieler Bergstraße unterwegs. Heute ist Breitner 45, Schleswig-Holsteins SPD-Innenminister und immer noch unterwegs auf der Kieler Partymeile. „Um ein Uhr haben wir im Tucholsky angefangen und sind eineinhalb Stunden durch die Katakomben und Hinterhöfe gegangen“, schrieb Breitner am Sonntag auf Facebook. „In manchen Läden hat sich optisch seit meinem letzten Besuch vor 20 Jahren nicht viel geändert.“

Organisiert hat die Kneipentour die Kieler SPD, die dem Innenminister zeigen wollte, wie übel es zugeht auf der Bergstraße. Seit Wochen wird in Kiel diskutiert, ob dort eine Sperrstunde sowie ein Flaschen und Waffenverbot einführt werden soll. Breitners Fazit nach seinem Ortstermin in Kiel: „Ich bin für eine Waffen und Glasflaschenverbotszone Bergstraße.“ Zum Thema Sperrstunde äußerte sich Breitner nicht.

Ob Verbote und Sperrstunden kommen, ist noch ungewiss. Die Entscheidung darüber obliegt nicht Breitners Innenministerium, sondern der Stadt Kiel. Seit Anfang Juli sind die Polizei, die Wirte und die Stadt miteinander im Gespräch. Eine Beschlussvorlage gibt es noch nicht. Sobald die Stadt eine solche erstellt hat, wird in der Ratsversammlung darüber befunden.

Ähnlich ist die Lage in Lübeck, wo es an der Partyecke am Hüxterdamm nach Angaben der Polizei vom 1. Juni 2011 bis zum 17. Mai 2012 über 300 Straftaten gegeben hat. Laut Stadtsprecher Marc Langentepe gibt es einen Arbeitskreis, der sich mit dem Thema Flaschenverbot beschäftigt: „Die Discotheken wollen das.“ Von der Lübecker Polizei allerdings ist zu hören, es gebe ihrerseits derzeit „keine konkreten Planungsabsichten, ein Flaschenverbot im Bereich der Kanalstraße/Hüxterdamm zu fordern“. Das derzeitige Konzept sehe eine „Erhöhung der polizeilichen Präsenz“ vor.

Im Jahr 2011 wurden in der Kieler Bergstraße insgesamt 104 einfache Körperverletzungen, 78 gefährliche Körperverletzungen und vier Raubtaten angezeigt.

Im Innenbereich der Läden fanden 144 der 186 Taten statt.

Im Jahr 2012 wurden bis zum 4. September 62 einfache Körperverletzungen, 53 gefährliche Körperverletzungen und sechs Raubtaten angezeigt.

Die Delikte ereignen sich - in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit - in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag sowie Dienstag auf Mittwoch.

Das Vorbild für die Verbote in Kiel und Lübeck ist die Hamburger Reeperbahn, auf der ein Waffenverbot seit 2007 und ein Flaschenverbot seit 2009 gilt. Letzteres gilt samstags und sonntags und an Abenden vor Feiertagen in der Zeit von 22 bis sechs Uhr morgens. Vor einigen Monaten wurde das Gesetz evaluiert. Dabei kam heraus, dass es nach Inkrafttreten des Flaschenverbots durchschnittlich noch 27 Fälle pro Halbjahr gegeben hat, bei denen mit Leute mit Glasbehältnissen verletzt wurden. Vor Inkrafttreten des Flaschenverbots waren es 34 Fälle pro Halbjahr.

Ein andere Hamburger Idee ist die der Videoüberwachung auf der Reeperbahn. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen einer Anwohnerin und der Polizei wurden die Kameras abgestellt: Das Gericht belegte die Videoüberwachung mit so großen Auflagen, dass die Polizei keinen Sinn mehr in der Maßnahme sah.

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