Die Wahrheit: Bankettgeile Visagen
Helmut Markwort aus Münchner Allianz Arena verbannt.
Es wäre ein Fall von Zensur im eigenen Haus: Helmut Markwort, Herausgeber des Focus, soll einen Beitrag verhindert haben, der ihn selbst betrifft. Ein Journalist des Fakten-Fakten-Fakten-Magazins, der ungenannt bleiben möchte, hatte geschrieben, Markwort sei beim FC Bayern München von der Tribüne verbannt worden, da Vereinspräsident Uli Hoeneß „seine Visage nicht mehr sehen“ könne.
Der Bericht sei dem Herausgeber „wie üblich“ zur Genehmigung vorgelegt worden – woraufhin Markwort „hoeneßrot“ angelaufen sei und gebrüllt habe, so eine „Sauerei“ müsse er sich nicht bieten lassen. Offiziell hieß es, Markwort habe den Artikel „aus journalistischen Gründen“ abgelehnt.
Auf Nachfrage bei Bayern München ergibt sich allerdings ein anderes Bild. Markwort, der dort auch Mitglied des Verwaltungsbeirats ist, sei tatsächlich von seinem Stammplatz auf der Tribüne in der Allianz Arena „suspendiert“, erklärte ein Vereinssprecher, sein Funktionärsamt ruhe. Damit wolle Hoeneß noch vor der Vollversammlung der Deutschen Fußball-Liga am 12. Dezember, bei der ein ganzheitliches Konzept zur Fankultur in deutschen Fußballstadien verabschiedet werden soll, „in die Offensive gehen“.
In Zeiten der Krise müsse der FC Bayern ein „Exempel statuieren“: „In Spanien, Italien, Portugal und Griechenland, da hungern sogar schon die Spieler!“, wurde Hoeneß zitiert. Aus Gründen der „Pietät“ sei es da geboten, „offene Dekadenz“ künftig zu vermeiden. Das eigentliche Problem seien „bankettgeile“ Fans der Kategorie F „wie Focus“: „Die sind doch nur zum Fressen hier!“, so Hoeneß.
Dazu zählten auch „die Fuzzis“ von der Bayerischen Landesbank, die große Kartenkontingente an die eigene Belegschaft verkauften. Ein international renommiertes Unternehmen wie der FC Bayern könne es sich nicht länger leisten, mit „Verbrechern“ in Verbindung gebracht zu werden, die die Finanzkrise verschuldet und „den Scheißmarktliberalismus schöngeschrieben haben“, erklärte Hoeneß.
„Mit solchen Leuten gewinnen Sie keinen Blumentopf mehr, geschweige denn einen Scheißtitel.“ Es sei ja „kein Wunder“, dass in der Münchner Arena oft „eine Scheißstimmung“ herrsche, „wie in der Oper!“ Fußball müsse endlich wieder zu einem „Ereignis für die ganze Scheiß-, äh … Familie“ werden. Markworts Platz werde daher bereits beim nächsten Champions- League-Heimspiel gegen Bate Borisov mit einer dreiköpfigen Hartz-IV-Familie aus dem Stadtteil Hasenbergl besetzt.
Von den Bayern-Spielern wollte sich nur Franck Ribéry zu dem Vorgang äußern. Er sei „sehr enttäuscht“, erklärte der Franzose: „Der Helmut hat damals so toll zu mir gehalten wegen der kleinen Nutte. Darüber hat er nicht geschrieben, das werde ich ihm nie vergessen.“
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) begrüßte hingegen den Vorstoß der Münchner. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach will sogar noch einen Schritt weiter gehen: Er habe Bundestrainer Joachim Löw dazu angehalten, den Begriff „fokussieren“ künftig nicht mehr zu verwenden. Denn der deutsche Fußball werde nicht nur an seinen Taten, sondern auch an seinen Worten gemessen, so Niersbach.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich mahnte Markwort zur Vernunft. Wenn er sich dem Willen des Vereins nicht beuge, bleibe nichts anderes übrig, als das Thema Tribünenplatzverbot auch umzusetzen, sagte der CSU-Politiker. „Als Fußballfan“ hoffe er allerdings, „dass es nicht so weit kommt, dass es in Deutschland nur noch Stehplätze in den Stadien gibt“. Generalbundesanwalt Harald Range sagte, nötigenfalls könne man Fans der Kategorie F auch per elektronischer Fußfessel kontrollieren.
Laut Hoeneß ist man sogar bereit, eine „angemessene Ablösesumme“ für Markwort zu zahlen. Das Problem sei allerdings: Der Mann sei „praktisch nicht vermittelbar“. Nicht mal der VfL Wolfsburg habe Interesse bekundet. „Nachdem der Felix Magath da Millionen zum Fenster rausgeworfen hat, müssten die eigentlich für jeden Cent dankbar sein“, rätselte Hoeneß.
Offenbar habe Volkswagen aber aus der Causa Magath gelernt und arbeite ebenfalls an einem neuen Image der Bescheidenheit. Nun müsse man wohl alte Verbindungen nutzen. Der FC Bayern habe einst den Lokalrivalen 1860 München vor der Insolvenz bewahrt, da sei es jetzt „nur recht und billig“, wenn die Sechziger sich unbürokratisch revanchierten.
Markwort hat aber offenbar bereits eigene Konsequenzen gezogen. Im Bundestag wurde er mehrere Tage lang auf der Besuchertribüne mit einem Fanschal der FDP gesichtet; seit 1968 ist Markwort Parteimitglied. Er werde sich jetzt „mit ganzer Kraft einem Verein widmen, der jeden Anhänger gebrauchen könne“. Und das Angebot in der Bundestagskantine sei „gar nicht mal so schlecht“.
Die Wahrheit auf taz.de
Leser*innenkommentare
Christoph D
Gast
Super Artikel! Besonders gefällt mir der Satz mit den "Verbrechern". Aber wir sind ja seit dem 19.04.13 alle informiert wie der Hase läuft.
Laienexperte
Gast
Da hat der Uli mal wieder den Vogel abgeschossen, aber das mit dem " F" passt ...
ln-von-e
Gast
Nee, nee, Ihr Tazler, das mit der "Geschichte" a la BILD ging voll daneben.
Macht einfach wieder taz.
Merke: die Leser der BLÖD-Zeitung sind es. Die Macher nicht.
piepmatz
Gast
Der Artikel ist geil, aber ist der nicht in der falschen Rubrik oder falschen Zeitung, vielleicht gehört er mehr in die Titanik.
Ablösesummme für Markworth?
Wo hat man das gehört!
Aber ich bin kein regelmässiger Taz Leser.
Girg J.
Gast
Nette Satire- starker Beginn- schwächelder Mittelteil- schwacher Schluss: also noch ein bisschen üben.
Nichts ist schöner und schwieriger, als eine gelungene Glosse zu schreiben - vor allem der Schluss muss sitzen, wenn man am Anfang so gut loslegt!
Frau M
Gast
GRÖÖÖÖL!!! Ahem. Ich meine, sehr amüsant. Hoeness redet mal wieder Tacheles, und der Adressat ist sicher nicht der Falsche.
Karl K
Gast
@von Michael Wettern:
Ja, alle Wetter'n - versteh's ja auch nicht!
Michael Wettern
Gast
Liebe Leute,
köstlich die Bildunterschrift - oder doch ausgesprochen perfide, um den "bankettgeilen Visagen" eins auszuwischen - oder leider nur schlicht schlampig?
Allen eine interessante Wochenendlektüre!!
hjs
Gast
Öfters finde ich Ulli Hoeness' die Ratschläge an die
"Politik" anmassend und besserwisserisch, aber in
diesem Fall passen seine Äußerungen doch wie "die
Faust auf's Auge!
À la Bonneur, Ulli Hoeness!
Hjs
hjs
Gast
Ich finde es manchmal schon etwas anmaßend wenn Ulli
Hoeness der "Politik" anmassende und ziemlich bes-serwisserische Ratschläge erteilt!
Seine "Watschen" an diesen vermeintlichen "Jour-nalisten" Markwort, sowie die anderen ebenfalls von
Ulli Hoeness angesprochenen Typen, sind allerdings
längst überfällig!
À la Bonneur, Ulli Hoeness!
hjs
Karl K
Gast
Visagista Tanja Kokoska
Den Namen muß man sich merken - ok, frau auch.
" F" - wie FressePolieren - jep, geht doch!