NACHTRUHE: Fluglärmgegner sind glücklich gelandet

Das Brandenburger Volksbegehren für ein komplettes Nachtflugverbot am künftigen Großflughafen ist erfolgreich. Damit steigt der Druck auf die Politik auch in Berlin, beim Lärmschutz deutlich nachzubessern.

Sieht schön aus, hört sich nicht schön an: Ein Flugzeug bei Nacht. Bild: dpa

Zum erste Mal schafft ein Volksbegehren in Brandenburg die Hürde: Mehr als 100.000 Menschen haben mit ihren Unterschriften ein Nachtflugverbot und die Eröffnung eines zusätzlichen zweiten Flughafens außerhalb des Großraums Berlin gefordert. Jetzt muss sich der Landtag Brandenburgs mit den Forderungen beschäftigen. Andernfalls kommt es zur landesweiten Volksabstimmung.

Deren Ergebnis wäre allerdings juristisch nicht bindend: Abgestimmt wird über die Forderung, dass das Land Brandenburg mit dem Land Berlin lediglich Verhandlungen aufnehmen soll. Doch ungeachtet dessen erhöht das ganze Verfahren erheblich den Druck auf die Politik, den Lärmschutz für die Anwohner rund um Schönefeld zu verbessern. Nach jetzigem Stand wird auf dem Großflughafen, der Ende Oktober 2013 eröffnen soll, ein Nachtflugverbot von Mitternacht bis 5 Uhr gelten. Die Initiatoren des Volksbegehren wollen aber von 22 Uhr bis 6 Uhr Ruhe.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte, das sei „das erwartbare Signal aus der Flughafenregion und Ausdruck lebendiger Demokratie“. Der Landtag werde das „gewissenhaft debattieren“. Dabei werde „das Spannungsfeld zwischen den Interessen der Flughafenanwohner und denen des Landes nach wirtschaftlicher Entwicklung und Arbeitsplätzen erneut abzuwägen sein“.

SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher widerspricht – er sieht keinen Grund für eine neue Abwägung: „Die Argumente haben sich durch das Ergebnis nicht wesentlich verändert.“ Deswegen sei nicht zu erwarten, dass die Fraktion ihre Position ändere. Etwas anderes wäre nur denkbar, wenn es ein bundes- oder europaweites Nachtflugverbot geben würde, „weil dann die Wettbewerbsfähigkeit für diesen Flughafen nicht beeinträchtigt wäre“.

Auch die Linken, die in Brandenburg mit der SPD regieren, wollen sich für ein bundesweites Nachtflugverbot einsetzen, wie Fraktionschef Christian Görke erklärte. Man wolle ein solches Verbot für alle stadtnahen Flughäfen im Luftfahrtgesetz verankern. Der Schlüssel dafür liege jedoch beim Bund.

Die Grünen unterstützen ein strikteres Nachtflugverbot und kritisieren, dass die Koalition die an das Land Brandenburg gerichteten Forderungen ablehnt, um die gleichen Forderungen an den Bund weiterzureichen. Der Fraktionsvorsitzende Axel Vogel sagte: „Wie immer im politischen Leben verweist man auf die höhere Ebene, wenn man etwas partout nicht will.“ In Frankfurt am Main gebe es auch ein Nachtflugverbot, und der Flughafen sei trotzdem noch nicht pleitegegangen. Die Forderung der Volksbegehrens-Initiatoren nach einem zweiten Flughafen, damit der Fluglärm sich in der Region besser verteilt, lehnen die Grünen aber ab.

Über die vielen Unterschriften freut sich auch Joachim Quast, Sprecher der Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI), die in Berlin Unterschriften für ein Nachtflugverbot gesammelt hatte – und nur 139.000 statt der notwendigen 173.000 zusammenbekam. „Die Motivation in Brandenburg war offenbar höher, weil die Menschen gerade im Umfeld von Schönefeld ja wissen, was Fluglärm bedeutet. Die Südberliner, die in Zukunft von den neuen Flugrouten betroffen sind, konnten sich das offenbar noch nicht so gut vorstellen und waren dementsprechend nicht so leicht zu motivieren.“ Wenn es in Brandenburg in rund einem halben Jahr zur landesweiten Abstimmung kommen sollte, will er jedenfalls im Nachbarland im Wahlkampf mithelfen: „Das ist ja in unser aller Interesse.“

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