Baggern & pritschen: Hamburgs Volleyball droht Abwärtsspirale

Das VT Aurubis bekommt wegen des ausbleibenden großen Erfolgs weniger Geld und muss deshalb zusehen, dass es seinen Kader bei Laune hält

Show und Stimmung gehören zum Geschäft: Maskottchen und Cheerleader des VT Aurubis Bild: Hannes von der Fecht

HAMBURG taz | „Was hast‘n getippt“, fragt der Vater seine Tochter. „Was wohl?“, sagt die entrüstet, und steckt ihren Zettel in die Box, die bei den Mettbrötchen steht, „3:0 natürlich.“ Der Vater nickt.

Mit 25:22, 25:14, 25:18 und damit in 3:0 Sätzen besiegte das VT Aurubis Hamburg am Samstagabend vor 1.029 Zuschauern Alemannia Aachen. Das Spiel der ersten Volleyball-Bundesliga der Frauen in der CU-Arena in Hamburg-Neugraben dauerte eine Stunde und 14 Minuten.

Es sah im ersten Satz nicht unbedingt nach einem glatten Sieg aus, hätte auch anders laufen können – in dieser Situation. Denn kürzlich hat der Hauptsponsor des Teams, die Kupferhütte Aurubis, angekündigt, seinen finanziellen Beitrag angesichts des ausbleibenden sportlichen Erfolgs um ein Drittel, rund 300.000 Euro, zu kürzen. Der zweite Hauptsponsor, VSPS Personal Solutions, eine Zeitarbeitsfirma, steigt ganz aus.

„Das bedeutet, dass unser Etat um 30 bis 40 Prozent sinkt“, sagt Helmut von Soosten, der von 2010 bis Mitte vergangener Woche ausschließlich Manager war, und nun, nach der Entlassung von Jean-Pierre Staelens auch Trainer des VT Aurubis Hamburg ist.

Im Moment sind die Volleyballerinnen mit 12:16 Punkten Siebte, die ersten acht kommen in die Playoffs. Der Saisonstart war so schlecht, dass VT-Präsident Horst Lüders, Aurubis-Vorstandsvorsitzender Peter Willbrandt und Aurubis-Vorstand Michael Landau die Konsequenz zogen und Staelens entließen.

Nun macht von Soosten beides: trainieren und managen. Es sieht nicht so aus, als habe er die Hoffnung, die Ausfälle kompensieren zu können. Mit einem Etat von 800.000 Euro läge das VT Aurubis Hamburg im unteren Mittelfeld der Liga. Soosten hat den Verantwortlichen ein Sparkonzept vorgestellt. „Die Frage ist, ob wir vier Hauptamtliche brauchen, wie jetzt, oder ob es nicht auch mit dreien geht“, sagt er. In drei Wochen soll über sein Konzept abgestimmt werden.

Möglich, dass sich das VT Aurubis in der nächsten Saison Spielerinnen wie Sarah Ammerman (USA), Els Vandestenne (Belgien) oder Paulina Bry¶ (Polen) nicht leisten kann und auch nicht die niederländische Nationalspielerin Femke Stoltenborg, die sich Mitte Oktober beim Training den kleinen Finger der rechten Hand drei Mal brach. Jetzt hat sie vier Schrauben im kleinen Finger.

Fürs Team sei die Sponsoren-Entwicklung nicht so entscheidend gewesen, sagt von Soosten. „Da ging es erst mal um die Trainerfrage.“ Staelens hatte neue Spielerinnen gefordert, um das Saisonziel – Deutsche Meisterschaft oder Pokalsieg – schaffen zu können. Das hatte den Frauen des VT Aurubis Hamburg nicht gefallen. „Ich habe den Spielerinnen als Ziel keinen Tabellenplatz vorgegeben“, sagt von Soosten, „sondern eine bessere Ausstrahlung“.

Nicht so „blutleer, nicht so uninspiriert, nicht so leblos, sondern engagierter“, sagt von Soosten, der alles, was er von der Mannschaft sehen will, auf ein Din-A4-Blatt geschrieben hat. Gegen Münster, beim 3:1-Sieg, wurde das schon ganz gut umgesetzt, gegen Aachen auch.

Soosten hat ein paar Kleinigkeiten in der Aufstellung geändert, das Spielsystem etwas reduziert und von den Spielerinnen verlangt, „dass unsere Mitte eine Macht wird“. Da stehen entweder Imke Wedekind oder die Britin Ciara Michel, beide 196 Zentimeter groß. Wenn die blocken, ist es, als fahre eine Wand hoch.

Es gab eine Phase im Spiel gegen Aachen, da brachten die Alemannia-Frauen keinen Ball am Block vorbei. „Jetzt haben erst mal alle Spaß im Training“, sagt von Soosten, und auch im Spiel, weil er, obwohl das den Rhythmus brach, im letzten Satz alle spielen ließ, und daran auch nichts änderte, als Aachen aufholte.

Gegen 21 Uhr trabten die Frauen des VT Aurubis Hamburg auf Strümpfen durch die Halle, knabberten aus der Box, die auf der Ersatzbank stand, Möhren, Trauben, Bananen, Tomaten, schrieben ihren Namen auf kleine Volleybälle. Das Lied vom „wunderschönen Tag“ war gelaufen und auf der Treppe stand Chiara Michel. Das heißt, sie stand eben nicht auf der Treppe, sondern der Junge, mit dem sie sich unterhielt, stand auf der Treppe. Eine Stufe über ihr, so musste er nicht so hochschauen.

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