Rechte Fraktion im EU-Parlament: Europas rechter Rand

Nach 2007 schlossen sich die rechten Abgeordneten im EU-Parlament zusammen. Doch ihr Nationalismus behindert die Zusammenarbeit.

Nigel Farage – der Brite ist einer der Ober-Rechten im EU-Parlament. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Nach den Europawahlen im Mai 2007 war die Angst groß in den demokratischen Fraktionen im Europäischen Parlament: Zum ersten Mal in der Geschichte der Institution fanden sich genügend Abgeordnete am rechten Rand, um eine eigene Fraktion zu bilden: die Fraktion „Europa der Freiheit und der Demokratie“.

Es ist ein Sammelbecken aus 34 Abgeordneten, die alle zumindest als Rechtspopulisten gelten. Sie kommen aus einem halben Dutzend EU-Mitgliedsstaaten. Besonders stark vertreten sind die italienische Lega Nord und die britische Unabhängigkeitspartei.

Bis 2007 waren die rechten Abgeordneten eher ein paar exotische Vögel im Europäischen Parlament ohne nennenswerte Bedeutung. Mit der Gründung der Fraktion verschafften sich die Rechten von heute auf morgen mehr Einfluss im EU-Parlament – zumindest auf dem Papier. Eine Fraktion bekommt je nach ihrer Stärke automatisch Redezeit während der Debatten und muss einbezogen werden, wenn es um die Verteilung von Posten wie Ausschussvorsitze geht. Tatsächlich stellt die Fraktion nun Stellvertreter für drei Ausschüsse: Außenpolitik, Kultur und konstitutionelle Fragen. Außerdem ist vor allem ihr Vorsitzender Nigel Farage regelmäßig mit seiner Donnerstimme in den Debatten des Parlaments zu hören.

Aber damit hört ihr Einfluss dann auch auf. Denn in den vergangenen Jahren ist es den Rechten im Europäischen Parlament nicht gelungen, sich besser zu vernetzen und eigene Akzente zu setzen. „Es sind sehr nationalistische Parteien. Ihre Interessen gehen zu weit auseinander.

Uneinigkeit über die Grenzen Österreichs

Deutsche, Österreicher und Italiener sind sich zum Beispiel noch nicht einmal über das Territorium Österreichs einig. Wie sollen sie da gemeinsame europäische Politik machen?,“ fragt der Politikwissenschaftler Pascal Delwit von der Freien Universität in Brüssel. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem Rechtspopulismus auf europäischer Ebene. Auch aus Belgien sitzt ein ehemaliger Spitzenpolitiker des Vlaams Belang, Frank Vanhecke, in der Rechten-Fraktion.

Die programmatischen Unterschiede zwischen den einzelnen nationalen Parteien seien zu groß, sagt Delwit. Das zeige sich auch jetzt in der Wirtschaftskrise: „Die echten Finnen zum Beispiel sind gegen Steuern für die Reichen. Marine Le Pen aus Frankreich dagegen vertritt ein ziemlich soziales Programm“, so Delwit.

Auch deshalb sitzen einige der Rechtspopulisten gar nicht in der Fraktion, sondern bleiben lieber außen vor als fraktionslose Abgeordnete. Dazu gehören neben den Le Pens auch die vier Parlamentarier der niederländischen Freiheitspartei von Geert Wilders und die beiden Vertreter der Freiheitspartei aus Österreich.

„Die Rechtspopulisten üben ihren Einfluss vor allem in ihren Heimatländern aus. Aber sie bringen überall die gleichen Themen auf die politische Agenda, und das beeinflusst dann die Politik – überall in Europa“, sagt Delwit. Zu diesen Themen gehören zum Beispiel die Einwanderung, das Wahlrecht für Migranten und die Frage, ob auch Zuwanderer einen Anspruch auf Sozialleistungen haben. „Diese Themen werden dann von anderen Parteien aufgegriffen, weil sie sich unter Druck fühlen. Das ist die eigentliche Gefahr“, meint Delwit.

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