Bundeswehr in Afghanistan: Neuer Markenname für alten Einsatz

Am Donnerstag stimmt der Bundestag ab: Isaf läuft im nächsten Jahr aus, der Einsatz in Afghanistan aber nicht. Die Soldaten werden noch bleiben.

Er wird bleiben: der größte deutsche Stützpunkt in Masar-i-Scharif. Bild: dpa

BERLIN taz | Isaf: Das Kürzel gehört zum deutschen Politsprech wie EU, EZB oder Nato. Isaf steht seit mehr als elf Jahren für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Damit ist es bald vorbei.

Nach 2014 soll das vertraute Kürzel Isaf durch ANTAAM ersetzt werden. Statt „International Security Assistance Force in Afghanistan“, wird es dann offiziell „Afghan Nato Training, Assistance and Advisory Mission“ heißen.

Der von der Nato beschlossene neue Markenname kommt der Bundesregierung gelegen. Der Afghanistan-Einsatz ist unbeliebt, bei der Mehrheit der Bevölkerung sowieso, zunehmend aber auch im Parlament. Da hilft es, wenn statt von einer Verlängerung des Einsatzes in den Medien von einem Abzugsmandat gesprochen wird.

Dabei ist in dem Antrag, über den am Donnerstag abgestimmt wird, nicht einmal die angekündigte Reduzierung der Truppen auf 3.300 Soldatinnen und Soldaten festgeschrieben. Genehmigt werden mit 4.400 nicht viel weniger als derzeit erlaubt, die angestrebte Reduzierung auf 3.300 ist nur eine angestrebte Richtgröße.

Auch wenn es kein Geheimnis ist, dass auch nach 2014 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan stationiert bleiben, dürfte die Abzugsrhetorik dazu beitragen, die gewohnt breite Parlamentsmehrheit für den Einsatz sicherzustellen. In der SPD-Fraktion sei durch die Konzentration auf den Abzug der Einsatz ein „weniger heißes Thema“ als in den Jahren zuvor, sagt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold.

Vom Abzug reden, aber nicht danach handeln

Der verteidigungspolitische Kollege bei der Linksfraktion sieht die Abzugsperspektive erwartungsgemäß skeptischer. „Diese Regierung redet gern von Abzug“, kommentiert Paul Schäfer den Mandatsentwurf, „sie handele aber nicht in diesem Sinn“. Schäfer verweist darauf, dass „gerade mal 25 Prozent des jetzigen Kontingents“ das Land bis Ende 2013 verlassen sollen.

Auch für die meisten grünen Abgeordneten ist der Abzug zu wenig ambitiös, ein Plan für die Zeit nach 2014 zudem nicht erkennbar. Für besonderen Unmut sorgt, dass die Bundesregierung die Sicherheitslage nur anhand des Rückgangs der toten Isaf-Soldaten bemisst. Die Zahl der getöteten Afghanen, so die Kritiker, spiele bei dieser Evaluation offensichtlich keine Rolle.

Die grüne Fraktionsführung empfiehlt für Donnerstag zwar Enthaltung, ein einheitliches Abstimmungsverhalten wird es aber, wie schon in den Jahren zuvor, bei der Grünen-Fraktion nicht geben. Omid Nouripour, der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, teilt weitgehend die Bedenken der Kritiker, wird aber dennoch für das Mandat stimmen: „Ich halte es für wichtig, ein Signal an die Afghanen zu senden, die fürchten, im Stich gelassen zu werden.“ Wenn es aber jemand für wichtig halte, ein Signal an die Bundesregierung zu senden, könne er das verstehen.

Umschlagplatz für Nachschub im Norden

Mit Vorbereitungen zur Schließung deutscher Stützpunkte will die Bundesregierung offenbar die Ernsthaftigkeit ihrer Absicht unterstreichen. Der provisorisch errichtete Stützpunkt „OP North“ in der Provinz Baghlan mit etwa 600 Soldaten wird runtergefahren. Deutlich aufwendiger dürfte dies in Kundus werden, wo ein Abzug bis zum Ende des Jahres geplant ist. Der aus befestigten Bauten und Containern bestehende Stützpunkt beherbergt mehr als tausend Soldaten mit schweren Waffen und Fahrzeugen.

Erhalten bleibt in jedem Fall der größte deutsche Stützpunkt in Masar-i-Scharif. Dort ist nicht nur das Isaf-Hauptquartier für Nordafghanistan untergebracht. Das Camp mit angeschlossenem Flugplatz dient auch als Umschlagplatz für den Nachschub im Norden. Bei den Planungen der Abzugslogistik dürfte der Stützpunkt nahe der Grenze zu Usbekistan nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für US-Amerikaner, Briten und andere Verbündete eine zentrale Rolle spielen.

Zunächst aber wird in Masar-i-Scharif noch einmal aufgerüstet. Im Dezember sind dort vier deutsche Kampfhubschrauber vom Typ „Tiger“ eingetroffen, sie sollten schon vor Jahren einsatzbereit sein. Auch deutsche Rettungshubschrauber vom Typ NH-90 werden in den nächsten Monaten dort erstmals stationiert. Eindeutige Signale für einen schnellen Abzug aus Afghanistan sehen anders aus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.